Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Als Lame Duck („lahme Ente“) wird im politischen System der USA ein Präsident oder anderer Politiker bezeichnet, der noch im Amt ist, aber nicht zu einer Wiederwahl antritt bzw. eine Wahl verloren hat. Nun ist Joe Biden nicht mehr angetreten, vielleicht ein bissel beiseitegetreten wurde er auch. Aber jetzt übernimmt eine andere Lame Duck das Ruder, denn auch Donald Trump darf in vier Jahren nicht mehr wiedergewählt werden, deshalb wird er sehr aktiv regieren und an seinem Denkmal für die Ewigkeit bauen.
Nun gibt es Lame Ducks nicht nur in den USA, auch in Europa sind diese Spezies zu finden.
Da wäre z. B. unser Bundeskanzler Olaf Scholz, der ohne Mehrheit im Bundestag auch politisch gelähmt wirkt. Seine Regierung kann Gesetzesvorlagen einreichen wie viel sie will, sie ist auf das Wohlwollen der Oppositionsparteien angewiesen. Und die lassen nicht mehr jedes Gesetz passieren. Wer wird sich schon die Wahlkampfmunition aus den Kanonen klauen lassen, wäre ja irgendwie doof. Regieren ohne Mehrheiten wird ganz offensichtlich Mode, das Minderheitsregierungsmodell wird auch in anderen Bundesländen zum Standard. So in Thüringen zum zweiten Mal und Sachsen, wo man vor lauter Brandmauern und Unvereinbarkeitsbeschlüssen gar nicht mehr weiß, wer mit wem noch regieren kann. Es aber dann trotzdem tut, miteinander zu sprechen, denn irgendwie muss insgeheim das Land ja regiert werden. Und ihr Autor wagt die Prognose, es werden nicht die letzten Minderheitsregierungen in Deutschland bleiben.
Wie man ein großes Land lahmlegt, hat eben erst wieder Frankreich bewiesen, nach nur drei Monaten Amtszeit musste Frankreichs Premierminister Michel Barnier am Donnerstag bei Staatspräsident Emmanuel Macron seinen Rücktritt einreichen. Eine Mehrheit aus Linksbündnis und Rechtsnationalen, insgesamt 331 von 577 Abgeordneten, hatte Barniers Mitte-Rechts-Minderheitsregierung das Misstrauen ausgesprochen. Und wie wir an den Mehrheiten sehen, dürften die gleichen Lame Duck-Erscheinungen in unserem Nachbarland auftreten. Das bedeutet Stillstand und einen weiterhin fehlenden Haushalt 2025. Es drohen Steuererhöhungen und das Ausbleiben von Entlastungen. Die Finanzmärkte könnten das Vertrauen in das hochverschuldete Land verlieren, was Investitionen in den Standort weiter gefährdet. Dann droht auch wieder eine Euro-Krise als worst case Szenario.
Und während die noch kurz andauernde Regierungszeit von Joe Biden zu Ende geht, macht Donald Trump Nägel mit Köpfen, aus Europa erwartet ihn keine große Gegenwehr, so lange keine handlungsfähige Führungsnationen wieder an einem Strang ziehen. Also irgendwann im nächsten Jahr.
Und dann fällt noch Südkorea aus dem Rahmen. Ok, ist ein bissel weit weg, werden die meisten denken und wenn sich unsere Leser bei sich selbst umschauen, stellen sie vielleicht fest: Das Handy ist von Samsung. Aber auch in Geräten anderer Hersteller stecken jede Menge Komponenten aus Südkorea. Bei Elektronik, Bildschirmen und Computern kommt man um das asiatische Land kaum herum, aber nicht nur dort: Der Katalog reicht von K-Pop bis Kosmetik, vielleicht parkt vor Ihrer Haustür auch ein Auto von Hyundai. Und genau hier verhängt der Präsident das Kriegsrecht und muss es nach wenigen Stunden wieder aufheben, denn Südkorea tickt nun mal anders als der nördliche Nachbar mit seinem Rocketman an der Spitze. Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol hat sich an einem Staatsstreich versucht, ihm droht jetzt die Todesstrafe. Aber er ist noch im Amt, eine weitere Lame Duck.
Über die Regierungskrisen in Europa haben wir bereits geschrieben. Dass diese nicht ganz unbemerkt vorüber gehen, sehen wir nicht nur an den Wirtschaftsdaten der beiden (führenden?) EU-Staaten, sondern auch an der Wirtschaft unsere östlichen Nachbarländer. Mit Abwertungen haben die Währungen im Osten der EU auf den Wahlsieg Donald Trumps und die Sorge vor neuerlichen amerikanischen Handelsbeschränkungen reagiert. Auch wenn die Devisenmärkte zuweilen übertreiben, so weisen die Kursreaktionen von Forint, Złoty und Krone auf ein realwirtschaftliches Problem hin. Das ist längst nicht auf Ungarn, Polen und die Tschechische Republik begrenzt, es trifft den gesamten Wirtschaftsraum zwischen Ostsee, Schwarzem Meer und Adria. Die direkten Folgen möglicher US-Zölle sind das geringste Thema. Der bilaterale Handel der Länder in Europas Osten und Südosten mit Amerika ist überschaubar. Die Beeinflussung ist indirekt. Hier kommt wieder die Wirtschaftszentrale Deutschland ins Spiel. Deutsche Unternehmen importieren viele Vorleistungen aus dem Osten, um sie veredelt weiterzuverkaufen, zum Beispiel auf den amerikanischen Markt. Die deutsche Struktur-und Konjunkturschwäche hatte die Nachfrage schon deutlich gedämpft. Ein weiterer Exportdämpfer würde die wachstumsverwöhnten, aber geschwächten Länder abermals treffen. Auch legt die Strukturkrise der Autoindustrie offen, wie malade das auf Fertigung und Exporte setzende Wachstumsmodell vieler Staaten Ostmitteleuropas ist. Sie haben über Jahre zu wenig in Bildung, Forschung und Entwicklung investiert. Kennen wir von irgendwoher, ach ja das ist ja in Deutschland genauso. Wir werden uns mit der Wirtschaft in Osteuropa in den nächsten Wochen wahrscheinlich noch gesondert beschäftigen müssen.
Und jetzt noch etwas Erfreuliches für alle Bitcoinjünger. Aktuell werden täglich neue Allzeithochs verzeichnet. Das erste Allzeithoch in diesem Jahr wurde im März mit 66.723,85 Euro erreicht. Beim Schreiben dieser Zeiler steht er bei 97.834 Euro Wir können davon ausgehen, dass er höchstwahrscheinlich dieses Jahre noch die 100.000-Euro-Marke knacken wird.
Da gehen Rekorde des DAX40, der es über 20.000 Punkte geschafft hat, fast unter. Unser Leitindex hält sich stabil über der Marke bei 20.310 Euro aktuell und auch knapp unter dem Jahreshoch von 20.324 Punkten.
Egal, ob Sie ein Anhänger des Bitcoins oder des DAX40 sind oder beides, auf die Höchststände darf man sich schon einen Sekt genehmigen. Wer weiß, wie lange sie anhalten…
Lassen wir uns aber auf gar keinen Fall von den Lame Ducks dieser Welt beeinflussen. Alles hat seine Zeit, sie werden wieder verschwinden, wetten?!