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Der Clubfonds-Ticker
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Ruhe vor der Kanzlerwahl

Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC

Die Ministerliste wird langsam komplett. Wir warten mit einer Meinung zu den Ministern die ersten hundert Tage ab, obwohl die Riege sich keine Schonfrist angesichts der Lage in Deutschland erlauben kann. Warum, zum Teufel, erlaubt sich die SPD ein wochenlanges Mitgliedervotum? Die neue Regierung könnte schon längst ihre ersten Maßnahmen beschlossen haben, wenn die „alte Tante SPD“ etwa ein zügigeres Verfahren auswählen würde. Wir haben den Anschluss an die große Weltpolitik verloren, denn beim Treffen unter vier Augen zwischen dem Mann im Weißen Haus und dem ukrainischen Präsidenten Selensky wurden nur noch der französische Präsident Macron und der britische Premier Stamer später dazu gebeten. Den immer noch geschäftsführenden Bundeskanzler hat ihr Autor nicht gesehen. Es waren wohl auch keine Gespräche mit einem Wahlverlierer geplant.

Alles wartet auf den neuen deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz. Der sollte bitte ganz schnell mit der Wirtschaftssanierung starten. Das Potential dürfen wir dem „Black-Rock Mann“ durchaus zutrauen, dass er die richtigen Entscheidungen möglicherweise mit Hilfe seiner Richtlinienkompetenz durchsetzen wird, falls die Partner nicht mitziehen. Einen Fehlstart darf sich diese Koalition nicht mehr erlauben.

Wobei die Zollpolitik der USA gar nicht von Deutschland zu beeinflussen ist. Das muss schon die EU tun. Warten wir also ab, welche Zölle uns nun wirklich treffen und wie die verhandelt werden und ggf. wie die EU zurückschlagen wird.

Aber das Zolldrama bringt auch einige Augen in der deutschen Wirtschaft zum Leuchten. Denn China wird wieder etwas attraktiver bewertet. Die Probleme, die wir im Handel, aber auch politisch mit China haben (die Chinapolitik der Ex-Außenministerin ist nach wie vor dort nicht vergessen), lösen sich durch den von Trump angezettelten Handelskonflikt nicht in Luft auf. Es sieht so aus, als ob das Reich der Mitte wieder ein wenig mehr für sein eigenes Wachstum tut. So hat Peking den Konsum etwas angekurbelt und europäischen Firmen wird wieder mehr der rote Teppich ausgebreitet. Allerdings dürfen die Unternehmen nicht wieder blind in China investieren, der Taiwan-Konflikt ist erst einmal nur verschoben und auch die Gefahr, dass China uns von kritischen Importen (Seltene Erden, Solarmodule etc.) abschneidet, steht nach wie vor im Raum. China wird als Exportmarkt immer unattraktiver. Deutschland hat in den vergangenen beiden Jahren rund 16 Prozent weniger Waren nach China exportiert. Die Bedeutung für unseren Export hat zuletzt stark abgenommen. Im Jahr 2020 war China noch das zweitwichtigste Exportzielland für uns, im Jahr 2024 reichte es nur noch für Rang fünf. Aber auf der Importseite bleibt China mit großem Abstand der wichtigste Partner. Da hat sich deutlich weniger bewegt. Im vergangenen Jahr ging der Wert der Importe aus China zwar leicht zurück, aber wegen sinkender Preise haben wir mengenmäßig sogar rund acht Prozent mehr eingeführt. Importseitiges De-Riskant sieht anders aus. Also sollte die Regierung die Beziehung zu China wieder in Ordnung bringen, allerdings als gleichberechtigter Handelspartner, ohne die zuletzt von der alten Bundesregierung begonnenen engeren Beziehungen bspw. zu Indien oder Afrika dafür zu opfern.

Ihr Autor schaut immer gern auf den Baltic Dry Shipping Index, der besagt, wie die Handelsschifffahrt sich weltweit entwickelt. Und da sieht es düster aus, denn her hat in den letzten Tagen neun Prozent verloren.

Speziell der Handel zwischen China und den USA geht rasant zurück – das zeigen Daten aus der Frachtschifffahrt. Diese belegen einen starken Anstieg sogenannter Blank Sailings, also Streichungen von Stopps in Häfen an der US-Westküste oder Annullierungen geplanter Frachtfahrten. Anfang März hatten Reedereien noch Frachtlieferungen im Volumen von 1,4 Millionen Containern für den Zeitraum vom 14. April bis 5. Mai angemeldet, inzwischen wurden jedoch mehr als 360.000 davon storniert. Gleichzeitig ist die Zahl der Frachter, die vor der Küste Kaliforniens auf die Hafeneinfahrt in Los Angeles oder Long Beach warten, in den vergangenen Tagen von 80 auf 55 gesunken. Die ausbleibenden Lieferungen dürften US-Unternehmen eine Zeit lang mit Waren aus ihren Lagern ausgleichen können. Doch schon bald können sich erste Probleme auftun und für erste Lieferengpässe sorgen. Und wenn die USA einen Schnupfen hat, dann folgt Europa und damit auch Deutschland mit Influenza. Kommt endlich in die Puschen, neue Bundesregierung!

Und irgendwann wird es wohl auch an den Märkten wahrgenommen werden. Der Zollstreit dürfte die Margen der S&P-500-Konzerne spürbar belasten. Nicht alle Unternehmen verfügen über ausreichend Preissetzungsmacht, um die steigenden Inputkosten komplett an die Verbraucher weiterzugeben. Drohende Margenrückgänge dürften negative Geschäftsausblicke zur Folge haben und Gewinnrevisionen nach unten beschleunigen. Sektoren wie Konsum, Industrie und Grundstoffe sind besonders von Importen aus China abhängig und daher anfälliger für Margendruck durch zollbedingte Kostensteigerung. Solange der Zollstreit anhält und kein Ende abzusehen ist, müssen Anleger spezielle US-Aktien auf eine gesonderte Watchlist setzen, um sich vor bösen Überraschungen zu schützen. Noch ist der Mann im Weißen von der Richtigkeit der Zölle überzeugt, wie lange noch?