Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Nun es schaut ein bisschen so aus, als hätte die Sommerkorrektur nun doch noch begonnen. Bisher ist es zwar eher eine Rotationsbewegung heraus aus den übergroßen Technologietiteln, aber da die bekanntermaßen über die letzten Jahre immer dominanter – vor allem in den US Indices – geworden sind, kann sich da schon eine kleine Welle aufbauen. ETF und die in den Systemen programmierten Algorithmen werden unter Umständen das Ihrige dazu tun, weil alle anderen gerade irgendwo in der Sonne liegen, wie hoffentlich die meisten unserer NDAC-Clubmitglieder auch. Wie wir wissen, braucht aber jede Bewegung nicht nur die zugrunde liegende Dynamik, um nachhaltig werden zu können, sondern auch das passende Narrativ. Auch wissen wir, dass der Markt sich mit multipolaren Einflussfaktoren eher schwertut, sind wir doch eher einfach gestrickt, wir Kleinanleger. Naja, und da sich das KI-Thema auf dem Weg nach oben so bewährt hat, muss es der Einfachheit halber jetzt auch für die andere Richtung gen Süden herhalten. Fear and Greed, Hope and Despair halten sich wieder einmal die Waage und sichern das Gleichgewicht des Marktes auch in diesem Sommer ab, wie eigentlich zu jeder Jahreszeit im Börsenjahr.
Die US-amerikanische Notenbank Fed hält die Zinsen konstant bei 5,25 bis 5,50 Prozent. Allerdings schreibt sie von Fortschritten bei der Inflation und einer schwächeren konjunkturellen Dynamik. Insbesondere sieht die Fed den Arbeitsmarkt als robust, aber nicht überhitzt an. Damit ist die Tür für eine erste Zinssenkung im September geöffnet, wenngleich der FED-Vorsitzende Jerome Powell betont, dass die Risiken auf beiden Seiten ausgeglichen sind. Aber genauso klar ist, so Powell, das der Zeitpunkt einer Zinssenkung näher rückt.
Die Inflation in der Eurozone hat sich im Juli entgegen dem Marktkonsens leicht verstärkt. Die Verbraucherpreise stiegen um 2,6 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat, Analysten hatten im Schnitt eine unveränderte Teuerungsrate von 2,5 Prozent erwartet. Die um Energie- und Lebensmittelpreise bereinigte Kernteuerungsrate hielt sich im Juli stabil bei 2,9 Prozent – hier hatten Analysten im Schnitt einen geringfügigen Rückgang erwartet.
Das Inflationsziel der EZB von glatt zwei Prozent werde in der anstehenden Strategiediskussion „nicht zur Debatte“ stehen – das hatte Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), gerade erst klargestellt. Widerspruch erhält sie nun aber von einem renommierten Ökonomen: Die Notenbanken müssten umdenken, fordert der frühere Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF), Olivier Blanchard. „Ein Inflationsziel von drei Prozent wäre sinnvoller“, sagte Blanchard im Interview mit dem Handelsblatt.
„Es könnte sein, dass die jüngste Inflationsphase nur eine Generalprobe war“, warnte Blanchard. „Die Inflation könnte zurückkommen“, etwa getrieben durch Preiserhöhungen und Lieferunterbrechungen infolge von Handelskriegen. Ein Beispiel sind die Angriffe von Huthi-Rebellen auf Frachtschiffe, die für Umwege auf hoher See und Preissteigerungen bei den Reedereien sorgen.
Und wenn die drei Prozent, egal aus welchem Grund, nicht mehr reichen, dann erhöht die EZB das Ziel einfach weiter auf vier oder gleich auf fünf Prozent? Auch wenn Blanchard einer der renommierten Ökonomen ist, in dieser Hinsicht, glaubt ihr Autor, liegt er total daneben. Fakt ist, wenn die Inflation erst einmal den Fuß in der Tür hat, dann ist sie gekommen, um langfristig zu bleiben, wie wir gesehen haben bzw. immer noch erleben. Bleibt zu hoffen, dass der EZB-Rat mit Christine Lagarde an der Spitze und auch die dafür politisch Verantwortlichen diese Diskussion nicht weiter verfolgen und als Sommerlochtheater einstufen.
Frage: Haben Sie so auf die Schnelle 28.943 Euro, um Ihre Schulden zu tilgen? Ihr Autor hat sie auch nicht und so wird es wohl den meisten Bürgern dieses Landes gehen. Aber so hoch ist die Pro-Kopf–Verschuldung in Deutschland oder anders gerechnet, 2.445 Milliarden Euro betrug der Schuldenberg 2023. Und dass wir trotz Schuldenbremse, Verfassungsgerichtsurteil etc. weniger ausgegeben hätten, ist auch Märchen, dass die Politik gern immer wieder erzählt. Denn wir haben 2023 pro Kopf 778 Euro mehr Schulden gemacht, als noch im Jahr 2022. Im Vergleich zum Jahresende 2022 waren das 77,1 Milliarden Euro oder 3,3 Prozent mehr. Selbst die Statistiker aus Wiesbaden vom zuständigen Bundesamt gaben zu bedenken, dass das erneut der höchste je gemessene Schuldenstand gewesen sei. Beachtlich ist, dass das Schuldenplus durch Anstiege beim Bund, den Gemeinden und der Sozialversicherungen zustande gekommen sei. Erfreulicherweise vermochten es wenigstens die Länder, Schulden in Höhe von 13 Milliarden Euro abzubauen. Keine Sorge, die Schulden müssen wir nicht gleich nach dem Sommerurlaub tilgen. Um es mit dem Finanzminister-Spruch zu erklären: Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Dazu werden wohl auch einige Leistungskürzungen und nicht mehr getätigte Investitionen des Staates kommen. Aber dieses Jahr noch nicht, denn der Haushalt wurde bereits beschlossen, auch wenn er noch durch Bundestag und Bundesrat gehen muss. Vielleicht im nächsten Jahr, ach so nein, da ist ja wieder Bundestagswahl. Keine gute Zeit für Zumutungen an die Bürger.
Also genießen Sie weiter den wohl verdienten Urlaub, egal wo Sie ihn verbringen.