Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Ereignet hat sich in letzten Tagen so einiges (Global IT Crash, Trump Attentat, Biden Rückzug, Antritt Harris etc.), passiert ist aber erfreulicherweise bis jetzt nicht wirklich etwas Ernstes. Der Crash der IT-Systeme konnte schnell behoben werden, das Trump Attentat verursachte nur leichte Schrammen an demselben, Bidens geradezu erzwungener Rückzug als US-Präsidentschaftskandidat (wohlgemerkt nicht als Präsident!) war erwartet worden und das Kamala Harris sich die Chance nicht entgehen lassen würde (sie wollte schon einmal die Nominierung schaffen), sich als legitime Nachfolgerin zu etablieren, ist nur logisch.
Für den emotional wenig beteiligten Mitteleuropäer war Bidens Entscheidung so nachvollziehbar, wie zuletzt eigentlich erwartbar. Ob Kamala Harris die alleinige Heilsbringerin ist, lässt sich aufgrund des etwas fehlenden Profils während ihrer Vizepräsidentschaft nicht wirklich sagen. Die Chance lebt jedenfalls. Leicht sollte sie sich jedenfalls dabei tun, einen Running Mate oder, wie es richtig heißen muss, einen Vizepräsident zu finden, der die restliche Bevölkerungsgruppe der (alten 😉 ) weißen Männer abdeckt: Alle anderen schafft sie mit Leichtigkeit und neu erwachten Elan selbst, wie man bei den ersten Auftritten erleben konnte.
Abzuwarten wird sein, ob Harris die Anfangseuphorie in eine dauerhafte Outperformance umbauen kann. Im direkten Duell, so denn noch eines stattfinden wird, hat sie gegenüber Trump auf allen Ebenen sicher bessere Karten. Ein Trump, der plötzlich jetzt in die Rolle des alten (senilen) Kandidaten gerutscht ist. Und als ehemalige Staatsanwältin weiß Kamala Harrris, wie man Lügen und Falschbehauptungen vor den Geschorenen oder in dem Fall einem Millionenpublikum vor dem TV publikumswirksam entlarvt.
Ob und wie sehr das in ihr bisheriges Resort fallendem und wohl nicht optimal gelöstem Immigrationsthema in den relevanten Swing States den Ausschlag geben kann, werden wir sehen. Jedenfalls sind die Voraussetzungen, dass wir uns noch einmal vier Jahre den Donald ersparen, so groß wie schon lange nicht mehr.
Wie schon früher geschrieben, würde wirtschaftspolitisch der Unterschied wahrscheinlich so ein großer nicht sein. Sparen müssten beide. Trump, sagt man, wäre bezogen auf den Kapitalmarkt eventuell ein wenig besser für alles, was mehr heimisch orientiert ist. Wir hören es in jeder Wahlkampfrede von ihm MAGA (Make America Great Again) und so. Harris dürfte eher weniger direkt klientelorientierte Entscheidungen treffen. Große Geschenke wie Steuersenkungen, Covid Förderungen, ein weiterer IRA etc. kann sich keine zukünftige Administration leisten. Man darf nicht vergessen, die Schuldenobergrenze wird zwar weiter angehoben werden (müssen), aber das dürfte wieder eine lange Lähmung durch die politischen Institutionen hervorrufen. Es sei denn, die Führung des Weißen Hauses und die Abgeordneten und Senatoren gehören der gleichen Partei an.
Fakt ist eins, mit der als nahezu sicher geltenden Kandidatur von Vizepräsidentin Kamala Harris ist das Rennen wieder offener. So sehr, dass viele Anleger auf dem falschen Fuß erwischt wurden – und ihre Investments nun anpassen dürften. “Die Zuversicht, dass Trump gewinnt, war wirklich stark”, zitiert die Finanzagentur Bloomberg den Investmentstrategen Gene Munster von Deepwater Asset Management. “Den Märkten wird diese neue Unsicherheit nicht gefallen, ebenso wenig wie die ständigen Nachrichten, wer drin ist, wer raus ist und all die anderen Unbekannten.”
Und auch beim anderen großen Player China tut sich was. Die politische Führung in Peking scheint alarmiert. Chinas Staatsführung steht unter Zugzwang, die unter einer Immobilienkrise, Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt und Konsumflaute leidende Wirtschaft stärker anzukurbeln. Im zweiten Quartal blieb das Wirtschaftswachstum unter den Erwartungen. Das Bruttoinlandsprodukt stieg von April bis Juni um 4,7 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Das ist die langsamste Steigerungsrate seit dem ersten Quartal 2023. Es ist schon lange nicht mehr die Rede davon, dass Chinas Wirtschaft mindestens ein Wachstum von sieben Prozent aufweisen muss, um eine ausreichende Beschäftigung der mehrere Millionen Wanderarbeiter zu sichern. Auch die gut ausgebildeten Absolventen der Hochschulen und Universitäten suchen ebenfalls dringend eine ihrer Qualifikation entsprechende Beschäftigung.
Anders als von Experten zunächst erwartet, hat Chinas Wirtschaft sich nach der Corona-Pandemie bislang nicht vollständig erholt. Die strikte Null-Covid-Politik mit isolationistischen Maßnahmen liegt noch wie Blei auf ihr. Der Staat hat zudem seit der Finanzkrise 2008 insbesondere für umfangreiche Infrastrukturprojekte hohe Schulden aufgenommen: Mehr als 40 Prozent der Wirtschaftsleistung fließen in Straßen, Wohnungsbau oder Eisenbahntrassen. Ob all diese Investitionen wirtschaftlich sind, bleibt fraglich. Auch das „Neue Seidenstraßenprojekt“ von Xi wird wohl bald kritisch hinterfragt werden.
Die hohen Ausgaben für die innere Sicherheit, sprich Überwachung der Bevölkerung und für das Militär binden große Ressourcen, die der Wirtschaft nicht zur Verfügung stehen. Wie der Spagat gelöst werden soll, darauf hat auch das ungewöhnlich offene und vor kurzem beendete dritte Plenum des ZK der KP Chinas keine Antwort gefunden oder sie drang (noch) nicht nach außen.
Und auch bei uns in Deutschland hat sich etwas bewegt. Leider auch nichts Positives. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Juli weiter eingetrübt. Der aktuelle Ifo-Geschäftsklimaindex ging von 88,6 auf 87 Punkte zurück. Damit ist das wichtige Stimmungsbarometer für die deutsche Konjunktur das dritte Mal nacheinander gesunken. Üblicherweise gilt das als Signal für eine Trendwende nach unten. „Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise fest“, kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest.
Wie gut, dass wir international mit unseren NDAC-Clubfonds aufgestellt sind.