Ihr Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Die noch fehlende oder unausgereifte Chinastrategie der Bundesregierung, der Besuch des Außenministers in Peking, der wahrscheinlich etwas erfolgreicher war, wie der von Annalena Baerbock kürzlich, der Besuch der chinesischen Regierungsdelegation in Berlin mit Premier und einigen Ministern, der endgültige Verkauf des Anteils am Hamburger Hafen an ein chinesisches Staatsunternehmen, der Besuch der Sondergesandte Chinas für eurasische Angelegenheiten in Moskau… alles scheint sich nur noch um das Riesenreich aus Asien zu drehen. Zumindest, wenn man die Medien aufmerksam verfolgt.
Nun kann man über den China-Rummel geteilter Meinung sein, aber Fakt ist, dass China nach wie vor trotz aktueller Schwierigkeiten zu den politischen und ökonomischen Schwergewichten in der Welt zählt. Chinas Wachstumsrate mag ihren Höhepunkt erreicht haben. Aber die Größe seiner Wirtschaft bedeutet, dass selbst wenn sich das Wachstum in den nächsten zehn Jahren auf etwa 3,5 Prozent abschwächt, das Land immer noch etwa ein Drittel des weltweiten Wachstums ausmachen und vor 2035 die größte Volkswirtschaft der Welt sein wird.
Und wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass sich die Art des Wachstums ändern wird. Unter der Voraussetzung, dass Chinas Mittelschicht weiter wachsen wird, zumindest wurde dies auf den kürzlich abgehaltenen Parteitag der alleinherrschenden KP beschlossen, werden wir einen Strukturwandel in der von großen Wachstumsraten verwöhnten Volkswirtshaft erleben. Nicht mehr die Produktion wird entscheidend sein, sondern der Schub wird aus dem Konsum kommen. Chinas Konsum liegt bereits jetzt bei 50 Prozent des BIP der USA und wird bis 2050 um weitere 10 Prozent wachsen. Chinas alternde Bevölkerung werde die Angleichung des Konsumverhaltens an die Normen der Industrieländer verstärken. Der Konsum werde sich also zunehmend auf die Bereiche Wohnen, Gesundheit, Verkehr und Hygiene konzentrieren, sagen Marktexperten.
Und auch das Argument, der durch die jahrzehntelange politische Fehlsteuerung verursachte Überalterung der Gesellschaft zieht heute nicht mehr. Das Bildungs- und Qualifikationsniveau der chinesischen Arbeitskräfte kann die Quantität kompensieren. Ihr Autor ist der Meinung, dass muss die Kultusministerkonferenz in Deutschland sich einmal vor Augen führen und die richtigen Schlussfolgerungen daraus für das mit ähnlichen Problemen kämpfende Deutschland ziehen.
Und dann haben wir noch die Causa Intel. Hoffentlich wird es nicht ein rechtliches Problem für Deutschland geben. Intel wird für den Bau von zwei Chipfabriken in Magdeburg knapp 30 Milliarden Euro investieren. Dafür hat Intel von der Bundesregierung 9,9 Milliarden Euro an Subventionen erhalten. Welch ein Wunder, denn eigentlich hatte sich insbesondere Finanzminister Christian Lindner gegen eine Anhebung der Intel-Subventionen über das ursprünglich vereinbarte Volumen von 6,7 Milliarden Euro heftig gewehrt. Was war geschehen? Das nun trotzdem gut drei Milliarden Euro mehr fließen, liegt an einer Zusage von Wirtschaftsminister Robert Habeck – der hat laut Handelsblatt-Bericht noch ein Sondervermögen aufgetrieben, aus dem die Intel-Gelder aufgestockt werden. Prima, der Kinderbuchautor und Philosoph hat das entdeckt, was der Finanzminister in seinem Haushalt übersehen hat, ein weiteres Sondervermögen, also sprich weitere Schulden… Und das der Strompreis für Intel auf ca.10 ct/ KWh gedeckelt wird, ist auch kein Gerücht mehr. Alles zusammen bringt etwa 1.500 bis 2.000 Arbeitsplätze pro Fab. Doch nicht allein die Arbeitsplätze bei Intel selbst sind ausschlaggebend dafür, sondern auch die Dienstleistern die das Unternehmen versorgen. Für jeden Job im Werk sollen zwei hochqualifizierte Jobs drum herum entstehen, sagt Intel. Bei Intel Irland in Leixslip sieht man bereits bei der Zufahrt zum Werk, wie ein ganzes Netzwerk aus Zulieferfirmen, Ingenieurbüros etc. dort entstanden sind.
Um alles bis zur Eröffnung zu erreichen, muss nun die Arbeitsagentur die knapp gewordenen Fachkräfte in der Chipfertigung irgendwie für einen Job in Magdeburg gewinnen, ausbilden oder umschulen (siehe oben China!). Daran gibt es erhebliche Zweifel. Wir werden sehen, was das neue Fachkräftezuwanderungsgesetz für Intel- Magdeburg bringt, sonst wird man die Fachkräfte aus Dresden abwerben.
Und warum sollte der Coup noch scheitern? Die EU wird die Sache durchwinken, schließlich ist Chipproduktion in Europa wieder gewollt. Einige kleinere EU-Staaten, die sich solche Subventionen nicht leisten können, könnten da durchaus Schwierigkeiten im EU-Parlament und im EU-Rat bei anderen Abstimmungen für Deutschland bringen.
Doch hinterfragen Ökonomen, ob die Versorgungssicherheit vom Staat gewährleistet werden muss. „Die Absicherung gegen Versorgungsrisiken und Engpässe ist primär eine privatwirtschaftliche Aufgabe. Derartige Risiken sind normaler Teil des Wirtschaftsgeschehens“, kommentiert IFO-Präsident Clemens Fuest gegenüber der WELT.
Wer suchet, der findet. Vielleicht findet Robert Habeck noch ein Sondervermögen für weitere Ansiedlungen von Chip-Fab´s und ähnliches. Speziell für die Automobilindustrie könnte unser Depotwert TSMC 2024 mit dem Bau seines ersten europäischen Halbleiterwerks beginnen. Dresden steht hoch im Kurs und damit unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes eine weitere Milliardensubvention ins Haus. Mit der Subventionserhöhung hat Deutschland sich erpressbar gemacht gegenüber ausländischen Investoren.
Na bitte, so schlecht sieht die Inflation doch gar nicht mehr aus, sie hat sich im Mai auf 2,1 Prozent abgeschwächt. Leider nicht bei uns, sondern in Asien. Dort ist sie damit so niedrig wie seit 20 Monaten nicht mehr und liegt nur bei der Hälfte der US- und einem Drittel der Euro-Inflation. Im Gegensatz zu den großen Industrieländern, die der Pandemie mit umfangreichen Fiskalpaketen entgegentraten, wurde die Nachfrage in den Ländern Asiens längst nicht so stark gestützt. Infolgedessen wurde keine zusätzliche preistreibende Nachfrage geschaffen, weshalb sich die gesunkenen Preise für Energie sowie für die wichtigsten Rohstoffe und Nahrungsmittel in den meisten asiatischen Volkswirtschaften stärker bemerkbar gemacht haben. Die Teuerungsraten kommen dem Zielwert der Notenbanken deutlich näher oder haben diese bereits erreicht. Das Potenzial für weitere Zinsanhebungen in Asien ist gering – was wiederum dem Wachstum der Region zugutekommen sollte. Wir sehen also daran, nicht immer sind staatliche Hilfen, Konjunkturpakete etc. hilfreich. Gelingt es Peking zudem, der zuletzt ins Stocken geratenen Erholung durch geld- und fiskalpolitische Stimuli neuen Schwung zu verleihen, sollte davon nicht nur China selbst, sondern die gesamte Region profitieren. Das könnte für zusätzliche Kurspotenziale asiatischer Aktien sorgen, deren Jahresperformance mit etwa acht Prozent rund fünf beziehungsweise acht Prozentpunkte hinter den europäischen und US-Märkten zurückgeblieben ist.