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Der Clubfonds-Ticker
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Die Zinsfront kommt nicht zur Ruhe

Nachdem die US-Notenbank Fed die Zinsen um 25 Basispunkte gesenkt hat, warten die Anleger auf die nächsten Zinsschritte. Eigentlich sollten es 50 Basispunkte werden, wenn es nach dem Willen des neuen Fed-Mitglieds Stephen Miran gegangen wäre. Aber mit dieser Auffassung stand das von seiner Majestät, dem Don im Weißen Haus, gesandte Neumitglied ziemlich einsam an der Zinsfront.

Zwar sind weitere Zinsschritte nach unten in Sicht und auch angekündigt, aber ob es jemals 50 Basispunkte in einem Schritt werden, weiß kein Orakel dieser Welt. Das hat sich der alte orangene Mann jenseits des großen Wassers mit seiner Holzhammerpolitik selbst zuzuschreiben.

Die Fed muss laut ihrem Verfassungsauftrag die Teuerung und den Arbeitsmarkt bei ihren Zinsentscheidungen im Blick behalten. Und das ist verdammt kompliziert, wenn die Gegenzölle die Inflationsrate nicht senken, sondern in die Höhe treiben und die Arbeitslosenzahlen ansteigen. Dazu kommen die vielen weltpolitischen Probleme. Der Don hat auf der diesjährigen UN-Generalversammlung zwar gesagt, er habe sieben Kriege beendet, aber Ihr eigentlich ganz gut politisch informierter Autor kann sich beim besten Willen nicht daran erinnern, welche sieben Kriege das eigentlich gewesen sein sollen.

Viele werden denken, dass es in Europa mit den Zinsen jetzt sehr gut läuft und weitere Zinssenkungen in Sichtweite sind – aber das ist ein Trugschluss. Die Erwartungen an weitere Zinssenkungen im Euroraum haben sich deutlich abgeschwächt. Während vor der Sommerpause noch mehrere Schritte nach unten erwartet wurden, rechnet die Mehrheit der Marktbeobachter inzwischen damit, dass die EZB den aktuellen Leitzins von zwei Prozent beibehält. Dieser gilt derzeit als neutral und weder wachstumshemmend noch stimulierend.

Auch wenn die Inflation wieder bei der Zielmarke von zwei Prozent liegt, schließen Experten eine erneute Zinserhöhung nicht mehr aus – insbesondere vor dem Hintergrund eines sich wandelnden wirtschaftlichen Umfelds. Daran aber allein die wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum schuld sein zu lassen, wäre nicht richtig. Wir erinnern hier nur an die vielen Krisen allein auf unserem Kontinent und selbstverständlich auch an die Zollstreitigkeiten auf unserem Globus.

EZB-Direktorin Isabel Schnabel verweist auf mehrere Faktoren, die mittelfristig für steigenden Preisdruck sorgen könnten: ein robuster Arbeitsmarkt, anhaltend starke Binnennachfrage sowie steigende Preise für Lebensmittel und Dienstleistungen. Hinzu kommen neue Handelszölle der USA gegenüber der EU, die Lieferketten verteuern, und ein schuldenfinanziertes Investitionsprogramm der Bundesregierung. Schnabel sieht deshalb die Möglichkeit für eine baldige Zinserhöhung – früher, als viele es derzeit erwarten. Fakt ist jedenfalls: Die Auswirkungen der letzten Inflation sind noch nicht ausgestanden, eine weitere kann schneller kommen, als wir es erwarten – und gebrauchen können wir sie nun wirklich nicht. Hoffen wir einmal, dass die EZB aus der letzten Inflation gelernt hat.

Noch etwas ist wichtig zu erwähnen: Die Situation in Deutschland trägt auch nicht zu einer Beruhigung der Lage bei. Wir machen Schulden ohne Ende und werden, wenn es so weitergeht, bald das Schuldenniveau von Frankreich und Italien erreichen. Und wie schon mehrmals gesagt, von den angekündigten Reformen ist noch immer nichts zu sehen – nur Kommissionen wurden eingesetzt. Verdammt noch einmal, im Sommer Urlaub zu machen in dieser Situation ist der Kardinalfehler der Regierungsparteien und der Opposition. Urlaub kann die Politik antreten, wenn dem Arbeitgeber dieser Damen und Herren Politiker und Regierungsbeamten, dem deutschen Volk, ein wirtschaftlicher Aufschwung bevorsteht.

Hurra, wir haben jetzt wieder einen Beauftragten mehr. Bundeskanzler Friedrich Merz hat den früheren Commerzbank-Chef Martin Blessing als seinen „Persönlichen Beauftragten für Investitionen in Deutschland“ vorgestellt. Blessing werde mit seinen „ausgezeichneten Kontakten in die internationale Wirtschafts- und Finanzwelt“ viel Kapital nach Deutschland locken. „Er wird als klarer Ansprechpartner international für Investitionen in unser Land werben und die Sichtbarkeit Deutschlands im globalen Standortwettbewerb erhöhen“, sagte Merz. Mhm, vielleicht müssen wir erst einmal den ersten Schritt tun und die allzu bekannten Hindernisse aus dem Weg räumen, die das Kapital daran hindern, in Deutschland zu investieren. Wenn das geschehen ist, brauchen wir keinen Beauftragten – dann fließt das Kapital von allein nach Deutschland, und das sogar ohne Subventionen.

Dass es aber noch schwerwiegende Probleme bei uns gibt, sagen auch die neuesten veröffentlichten Zahlen der Wirtschaftsforscher unseres Landes. Die deutsche Wirtschaft wird nach Ansicht der führenden Forschungsinstitute im nächsten Jahr nur dank der Milliarden-Ausgaben (Schulden!) der Bundesregierung spürbar wachsen. Das Bruttoinlandsprodukt werde um 1,3 Prozent zulegen, schreiben die Institute in ihrem Herbstgutachten für die Regierung. 2027 dürfte die Konjunktur demnach um weitere 1,4 Prozent anziehen. Für das laufende Jahr erwarten die Gutachter nach zwei Rezessionsjahren aber nur ein mageres Wachstum von 0,2 Prozent.

Dank der Mehrausgaben des Staates für die Infrastruktur komme die Binnenwirtschaft zwar spürbar in Fahrt, „allerdings werden die strukturellen Probleme nur kaschiert“, betonten die Institute. „Die Perspektiven verschlechtern sich, was sich auch in voraussichtlich sinkenden Wachstumsraten des Produktionspotenzials widerspiegelt.“ Hohe Energie- und Lohnstückkosten im internationalen Vergleich, Fachkräftemangel sowie eine weiter abnehmende Wettbewerbsfähigkeit bremsten die langfristigen Wachstumsaussichten zusätzlich. Da wird auch der Beauftragte Martin Blessing nichts ändern können. Das ist einzig und allein die Aufgabe der Politik und der Tarifpartner.