
Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Es schadet nicht hin und wieder einmal den alten Karl Marx hervorzukramen. „Kapital, sagt der Quarterly Reviewer, flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere.“
Auf die heutige Zeit übertragen, bedeutet es, rund um uns explodiert alles. Sämtliche Basisbausteine und Organisationen, auf denen die Nachkriegsordnung und mithin vor allem das post-historische Europa seinen Wohlstand der letzten 70 und mehr Jahren aufgebaut hat, schwindet zusehends. Internationale Vereinbarungen und Verträge sind nichtig bzw. werden mangels Möglichkeiten und Willen zur Sanktionierung nicht mehr honoriert. Wir, nun als Finanzmärkte, haben uns scheinbar aber recht schnell drauf eingestellt. Das Kapital ist so mobil wie nie. Der Versuch durch die europäische ESG-Bewegung dem Ganzen einen moralisch-ethischen Spin zu geben, war sicher sinnvoll und gut, die Welt retten werden wir aber so leider auch nicht. Nur das Kapital vertreiben wir. Die Rezession in unserem Land ist ein gutes Beispiel. Tatsächlich, und jetzt komm ihr Autor dann endlich doch noch zum Punkt, haben wir uns dran gewöhnt, dass Katastrophen passieren, unter Umständen auch länger andauernd und eine Menge Opfer auf allen Ebenen fordern, aber es kümmert eben keinen oder nur sehr wenige, bis es an den eigenen Geldbeutel geht.
Aber dafür haben wir dann doch noch die SPD. Die Genossen wollen uns, also 95 Prozent der Steuerzahler, entlasten. Und bezahlen sollen es die ein Prozent Reichen in unserem Land. Aber durchgerechnet hat es die Partei noch nicht, aber eben erst einmal in die Welt posaunt. Wenn sie es wirklich täten und das Vorhaben noch einmal hinterfragen würden, dann werden sie feststellen, dass das Ganze nicht aufgeht. Denn Reiche gibt es in Deutschland im Gegensatz zu den USA, China oder im arabischen Raum nicht so viele. Und wahrscheinlich denken die Genossen, die haben ihr Geld als Festgeld oder Tagesgeld jederzeit verfügbar bei der Sparkasse um die Ecke geparkt. Wie naiv kann eine Partei eigentlich sein? Also noch einmal ganz langsam und zum Mitschreiben, liebe Spitzengenossen der SPD: Bei den Reichen in unserem Land handelt es sich in der Regel um erfolgreiche Arbeitgeber. Das heißt, sie verfügen über Investivkapital, das für sie arbeitet. Es werden damit Arbeitsplätze geschaffen bei ihnen in den jeweiligen Firmen und auch in anderen Unternehmen. Und wenn jetzt eine „Reichensteuer“ erhoben wird, dann verschwindet das Kapital der Reichen ganz schnell dorthin, wo es bessere Verwertungsbedingungen vorfindet und im Ergebnis gibt es sehr viel mehr Arbeitslose trotz des demografischen Wandels. Und die Arbeitnehmer fallen dann zum überwiegenden Teil den restlichen Steuerzahlern zur Last, weil sie nämlich keine oder nur schwer Arbeit hier im neuen sozialdemokratischen Steuerparadies finden. Fakt ist auch, dass auf die Unternehmer eine weitere Belastung zukommt. Die Kranken- und Pflegeversicherung steigen weiter an, wovon der einzelne eher weniger etwas merkt, aber ein Unternehmen wird es spüren und über Konsequenzen nachdenken. Und vielleicht noch ein letzter Hinweis, die Politik sollte sich aus der Findung des Mindestlohns heraushalten und das der zuständigen Mindestlohnkommission überlassen, die haben mehr ökonomischen Sachverstand und leben nicht in einem Wolkenkuckucksheim. Also bitte noch einmal nachdenken, liebe Genossen, bevor ihr solche Gedanken laut äußert, man kann es nämlich auch übertreiben.
Am Ende wird es übrigens dem Markt wurscht sein, was in Deutschland, Europa oder in wenigen Wochen in den USA passiert. Wir werden die bereits gestartete Jahresendrally wohl weiter fortsetzen, es sei denn die Euphorie übermannt uns bis dahin und wir müssen, kurz bevor die Bücher für 2024 geschlossen werden, dann doch noch Kasse machen, um die Buchgewinne in reale Gewinne umzuwandeln. Unterm Strich bedeutet das, die Lage ist ausgesprochen hoffnungslos aber ziemlich sicher nicht ernst. 🙂 Eben, weil das Kapital rund um die Welt mobil ist und irgendwo gibt es irgendwo immer eine besser Rendite auf das investierte Kapital.
Ist nur gut, dass es unabhängige Institutionen gibt wie die EZB, von der kommen gute Nachrichten für uns Anleger.
Die Zentralbank reagiert auf die nachlassende Inflationsgefahr mit der bereits dritten Leitzins-Senkung seit dem Sommer. Sie beschloss, den am Finanzmarkt maßgeblichen Einlagensatz um einen Viertelpunkt auf 3,25 Prozent nach unten zu setzen. Zu diesem Zins können Finanzinstitute bei der Zentralbank Geld parken. Der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Banken Geld leihen können, wurde im selben Umfang gekappt – auf das neue Niveau von 3,40 Prozent. Die Währungshüter hatten im Juni die Zinswende eingeleitet und im September nachgelegt. Nur fünf Wochen danach senkten sie nun den Preis des Geldes erneut: Ob das Zinsstakkato im Dezember weitergeht, wovon viele Experten ausgehen, ließ die Europäische Zentralbank (EZB) offen. Die Teuerung im Euroraum ist im September auf 1,7 Prozent gesunken, wie das EU-Statistikamt Eurostat nur wenige Stunden vor dem Zinsentscheid mitteilte. Damit liegt die Teuerungsrate unter dem Zielwert der EZB von zwei Prozent, nachdem sie im August noch bei 2,2 Prozent gelegen hatte. Inflationsraten von mehr als zehn Prozent wie im Herbst 2022 gehören damit der Vergangenheit an, vorerst. Zugleich gibt es Anzeichen für eine Eintrübung der Konjunktur: So signalisierte mit dem Einkaufsmanagerindex von S & P Global zuletzt ein wichtiger Frühindikator eine einsetzende Talfahrt. Als Alarmzeichen gilt dabei, dass es mit der Wirtschaftskraft in allen drei großen Euro-Ländern – Deutschland, Frankreich und Italien – gleichzeitig bergab ging. Wie werden sehen, ob die EZB Entscheidung eine Trendumkehr einleiten kann.