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Die Pharmaindustrie wird sich verändern (Teil 3)

Die Pharmaindustrie wird sich verändern (III)

Um sicherzustellen, dass alle etwa 448 Millionen EU-Bürger möglichst zeitgleich an alle Medikamente kommen, die durch die Zulassungsbehörde EMA genehmigt wurden, wird ein Anreiz-System für die Pharmakonzerne eingeführt. Dieses funktioniert nach dem Prinzip, in je mehr Ländern der EU eine neue Arznei von einem Konzern zeitnah eingeführt wird, desto länger besteht der regulatorische Datenschutz (auf Englisch regulatory data protection, RDP).

Dieser Schutz sorgte bislang dafür, dass die Pharmakonzerne nach der Zulassung eines Medikaments die Daten, die bei der Forschung zur Entwicklung des Präparats anfallen, acht Jahre lang nicht veröffentlichen mussten. Dadurch war es anderen Konzernen in der Regel nicht möglich, ähnliche Präparate zu entwickeln. Dieser Datenschutz entschädigt Pharmaunternehmen für die hohen Kosten der Zulassung, insbesondere klinischer Studien.

Das neue „Pharma-Paket“ sieht nun eine Verkürzung des Schutzes auf pauschal sechs Jahre vor, eröffnet aber gleichzeitig die Möglichkeit einer Verlängerung auf bis zu zwölf Jahre, wenn das betreffende Medikament in möglichst vielen oder sogar allen EU-Ländern eingeführt wird. Zudem kann das Pharmaunternehmen quasi „Schutz-Jahre“ einheimsen, etwa wenn es Medikamente entwickelt, die nur selten gebraucht werden, oder wenn es Forschungen auf Gebieten vorantreibt, die bislang vernachlässigt wurden.

Das würde für das schon erwähnte beispielhaft erwähnte Medikament Zolgensma oder andere ähnlich teure Produkte bedeuten, dass die betroffenen Patienten und ihre Krankenversicherer bis zu zwölf Jahre warten müssen, bis ein Generikahersteller das billigere Medikament herstellen darf. Die Forschung, so Kritiker, wird durch das Pharma-Paket instrumentalisiert, um politische/gesellschaftliche Ziele zu erreichen. Ob das legitim ist oder nicht, ist wie schon festgestellt, umstritten. Wir werden bestimmt bald die ersten Prozesse vor den EU-Gerichten erleben.

Aber auch der dritte Punkt – unter anderem ein schnelleres Zulassungsverfahren bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA – hat es in sich. Die gesetzlich vorgesehene Dauer des Zulassungsverfahrens wird von 210 Tagen auf 180 Tage verkürzt. Im Schnitt brauchen die EMA und die EU-Kommission ohnehin deutlich länger, im zurückliegenden Jahr waren es von der Einreichung bei der EMA bis zur Zulassung durch die EU-Kommission 476 Tage. Mit der Kürzung orientiert man sich vor allem auch an der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA, die im Schnitt 120 Tage weniger braucht. Das führt auch dazu, dass in den USA deutlich mehr Medikamente zugelassen sind als in der EU.

Ende 2024 waren es 101 Präparate, von denen immerhin 19 eine sehr hohe Versorgungsrelevanz aufweisen, weil sie unter anderem gegen Erkrankungen eingesetzt werden, gegen die es bislang keine Therapie gab. Im Extremfall kann das dazu führen, dass ein an einer bestimmten Krankheit leidender Patient in den USA behandelt, in der EU aber nicht beziehungsweise noch nicht therapiert werden kann. Für die Patienten ist das Warten auf eine schon bestehende aber eben noch nicht zugelassene Therapie stets mit weiteren psychischen Belastungen verbunden. Dazu kommen, wenn sich diese Patienten in den USA therapieren lassen (können!), weitere hohe finanzielle Belastungen. Nur stellt sich die Frage warum die EMA so lange braucht, liegt es an den fehlenden Beamten und Fachleuten, der vorhandenen Bürokratie oder an der notwenigen Fachkompetenz. Wahrscheinlich von allem etwas.

Daher ist nur zu verständlich, dass man nun in Europa alles versucht und trotz Kritik, um die Pharmabranche fit für die Zukunft zu machen. Das Pharma-Paket soll es richten – mehr Transparenz, mehr Agilität, mehr Wettbewerb. Flankiert wird das Paket von weiteren Maßnahmen. So plant die EU-Kommission, jährlich bis zu 10 Milliarden Euro in Biowissenschaften zu investieren. Bis 2030, so das Ziel, soll Europa zum weltweit wichtigsten Standort für die Biotechnologie werden, so der Plan.

Wie wichtig eine schlagkräftige und gut funktionierende medizinische Forschung ist, hat nicht zuletzt die Corona-Pandemie gezeigt. Auch dank Produkten deutscher Unternehmen ist es gelungen, die Pandemie zurückzudrängen. Und Corona war nicht erste und wird auch nicht die letzte Pandemie gewesen sein.

Aber vergessen wir auch nicht, der zu erwartenden Zollhammer durch US-Administration auf Pharmaprodukte wird bald kommen.

Im ersten Halbjahr wurden in der Pharmabranche einige sehr interessante Übernahmen getätigt, die einen Hinweis darauf geben, wie es im laufenden zweiten Halbjahr und auch 2026 weitergehen könnte. So hat der Schweizer Pharmakonzern Novartis das Unternehmen Regulus Therapeutics aus den USA übernommen. Regulus ist ein Biotech-Unternehmen, das RNA-basierte Therapien entwickelt. Die Grundidee von RNA-basierten Therapien ist die Annahme, dass durch spezifische Informationen, die man in Zellen eines Patienten einbringt, Krankheiten vorgebeugt oder der Krankheitsverlauf verändert werden kann. So entwickelte mRNA-Impfstoffe als Teil der Immuntherapie gelten als große Hoffnung gegen viele Erkrankungen wie Krebs.

Über weitere Übernahmen und Neuigkeiten berichten wir im letzten Teil unserer Reihe.