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Die Pharmaindustrie wird sich verändern (Teil 2)

Die Pharmaindustrie wird sich verändern (II)

Was nötig ist, um die Kosten zu decken und was Gewinn darstellt, ist meist nicht zu unterscheiden und verschwimmt nicht selten ineinander. Speziell bei den Neuzulassungen. Die Verbraucher und die Politik sprechen zwar des Öfteren von der sogenannten „Pharma-Lüge“, meistens im Zusammenhang mit einer korrupten Pharmaindustrie, die sich auf Kosten der Krankenkassen und damit letztendlich der Patienten/Versicherten die Taschen füllt. Das ist völlig übertrieben und ist auch nicht beweisbar. 

Tatsache ist, dass die Pharmaindustrie überdurchschnittlich viel Geld in Forschung und Entwicklung investiert. Aktuell werden etwa in Deutschland rund 16 Prozent des heimischen Pharma-Branchenumsatzes reinvestiert. Nur einmal so zum Vergleich: Im Fahrzeugbau sind es nur achteinhalb Prozent, also nur rund die Hälfte.

Die Frage bleibt im Raum, was kostet nun die Entwicklung eines neuen Medikaments? Studien kommen zu dem Ergebnis, dass sich die durchschnittlichen Kosten auf rund 2,2 Milliarden Euro belaufen.

Angesichts dieser immensen Ausgaben ist klar, dass Medikamente ihren Preis haben müssen, um die Kosten für die Entwicklung wieder einzuspielen. Nicht jedes Medikament wird durch die Behörden zugelassen bzw. Unternehmen brechen die Tests selbst ab, weil sie ein Problem entdecken. Deshalb sind in den Preisen, und das wird häufig unterschätzt, auch die Kosten für fehlgeschlagene Medikamentenentwicklungen enthalten, sogenannte versenkte Kosten, die auf jeden Fall anfallen, egal ob ein Medikament zugelassen wird oder eben nicht. Stellen wir in Rechnung, dass von rund 10.000 potenziellen Wirkstoffen in Schnitt am Ende nur einer übrig bleibt, der zu einem Medikament verarbeitet wird, wird deutlich, dass die versenkten Kosten einen enormen Anteil ausmachen und irgendwie refinanziert werden müssen. Auch das schlägt sich zum Schluss in den Preisen für die erfolgreichen Medikamente nieder und wird demzufolge kalkulatorisch aufgeschlagen. Sonst wäre eine Weiterführung der Medikamentenpipeline durch die Unternehmen nicht möglich.

Außerdem dürfen wir auch nicht die Kosten für Klagen gegen entsprechende mögliche Nebenwirkungen bei bereits behördlich zugelassene Fehlentwicklungen und daraus resultierenden Entschädigungszahlungen vergessen, die ebenfalls refinanziert werden müssen. Die Geschichte kennt viele Beispiele dazu, wir sind in unseren NL darauf auch schon eingegangen. Die sind zwar zum Teil versichert, aber diese Prämien dafür sind sehr hoch und alles wird nicht übernommen, wie die Rückstellungen in Milliardenhöhe vor einem Prozess mit ungewissem Ausgang beweisen. Diese Gelder fehlen dem betroffenen Unternehmen dann im Bereich Forschung und Entwicklung bzw. müssen teuer kreditfinanziert werden.

In den USA sind die Preise besonders hoch. Dennoch bleiben Zweifel an der Preisgestaltung. Das sieht man nicht nur an der wachsenden Kritik aus den USA. Dort hat sich Präsident Trump auf die Fahne geschrieben, die Arzneimittelpreise deutlich zu senken. Seine Kritik zielt dabei vor allem auf das unterschiedliche Preisniveau von Medikamenten in den verschiedenen Ländern ab. Denn die Medikamentenpreise spiegeln nicht eins zu eins die Entwicklungskosten plus Gewinnmargen der Unternehmen wider, sondern orientieren sich auch an der jeweiligen Kaufkraft der Einwohner eines Landes. Fast schon traditionell liegt diese in den USA besonders hoch, weswegen hier dann auch die höchsten Medikamentenpreise bezahlt werden müssen. Einem aktuellen Bericht des US-Thinktanks RAND zufolge sind die Preise in den USA durchschnittlich fast dreimal so hoch wie in anderen Ländern der OECD. Durch die höheren Kosten finanzieren die USA quasi die Entwicklungskosten mit, die anteilsmäßig von anderen, „ärmeren“, Ländern gezahlt werden müssten. Deswegen lautet Trumps unverhohlene Forderung: „Europa wird ein bisschen mehr zahlen und Amerika etwas weniger.“  Das klingt dann doch schon wieder nach einem Zollhammer. Ob Trump am Ende mit seinen Bemühungen Erfolg hat und es zu einer Angleichung der Medikamentenpreise in den USA und Europa kommt, bleibt abzuwarten.

Eine tiefgreifende Reform steht dennoch an, das neue Pharma-Paket. Der Druck auf die europäische Pharmaindustrie wächst. Denn unterdessen hat die Europäische Union, quasi Gegenmaßnahmen ergriffen, die allerdings schon 2023 ins Leben gerufen wurden und keine direkte Reaktion auf Trumps Preissenkungsinitiative sind. Das muss dann wohl noch einmal nachgearbeitet werden, wenn die US-Umverteilungs-Zölle festgelegt werden. Die Gegenmaßnahmen sind im sogenannten „Pharma-Paket“ gebündelt, das derzeit zwischen der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament verhandelt wird. Es stellt in den Augen vieler Beobachter die tiefgreifendste Reform des europäischen Arzneimittelrechts seit 2004 dar und hat auch auf die heimische Pharmaindustrie unmittelbare Auswirkungen.

Die drei Kernstücke des Reformvorhabens sind: erstens eine bessere Versorgung der Einwohner der EU mit Medikamenten, durch die sichergestellt werden soll, dass in allen EU-Ländern alle zugelassenen Medikamente auch tatsächlich und zeitgleich verfügbar sind; zweitens eine schnelle und einfachere Entwicklung und Zulassung von Generika und Biosimilars, also von sogenannten Nachahmer-Präparaten, die in der Regel billiger als die Originalarzneien sind und drittens der Abbau regulatorischer Beschränkungen sowie ein schnelleres Zulassungsverfahren bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA, die für die Genehmigung der Produkte zuständig ist.

Das klingt alles ganz einfach, ist es aber nicht.