
Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Bevor wir uns mit der „Zukunft“ beschäftigen, müssen wir uns zum großen Zampano ins Weiße Haus begeben. Denn der hat Börsen in den Keller geschickt. Mit seiner Zollpolitik machte er jetzt einen Rückzieher und schon starten die Märkte wieder durch. Wer also die Gelegenheit genutzt hat, gefallene Aktien aufzusammeln, dürfte jetzt einen dicken Gewinn einfahren. Aber zugegeben, das erforderte auch einen großen Mut zum Risiko.
Nur, warum hat die Administration die Zölle um 90 Tage ausgesetzt? Fakt ist, die Milliarden, die die Kleinanleger in den USA verloren als die Börsen einbrachen, waren es sicher nicht. Denn was interessiert einen Milliardär die Sorgen und Nöte des Volkes. Haltet durch, war die Parole, die er an sein Volk sandte. Es waren seine Tech-Milliardäre, die ihm den Marsch bliesen. Billionen an Unternehmenswerten wurden an den Börsen vernichtet, und schlimmer, drohten weiter vernichtet zu werden. Das macht auch den Reichsten der Reichen zu schaffen, für die er ja arbeitet und ist nicht mit einfachen Durchhalteparolen zu kaschieren.
Bis auf die Zölle für den Erzfeind China sind die Zölle für 90 Tage erst einmal vom Tisch (auch für die armen Pinguine auf der Insel, die auch nicht wussten, was sie davon halten sollten). Die 90 Tage Zeit zum Verhandeln sind zwar nicht sehr viel, aber Zeit genug um den betroffenen Ländern nach geeigneten Gegenmaßnahmen zu suchen. Auf jeden Fall stehen die Verhandler jetzt vor dem Weißen Haus Schlange, die Rede ist über 70 Ländern. Warten wir ab, was dabei herauskommt.
Und China? Dass man in China nicht begeistert ist, ist klar. Die jüngste Erhöhung der US-Zölle auf chinesische Importe auf 125 Prozent wird voraussichtlich zu erheblichen Störungen des Handels führen, auch wenn die direkten Auswirkungen auf die chinesische Wirtschaft aufgrund ihrer diversifizierten BIP-Quellen begrenzt sind. Der Fokus der USA auf die Verlagerung strategischer Produktionssektoren kann zu kurzfristigen wirtschaftlichen Störungen führen, zielt aber auf langfristige Vorteile ab. Trotz der Herausforderungen bieten Chinas politische Flexibilität und sein Potenzial in den Bereichen Binnenkonsum und Investitionen inmitten der Ungewissheiten auch Chancen. Außerdem gibt es ja noch andere Gebiete, wohin China seine Exporte lenken kann. In der Ruhe liegt die Kraft, und dass schon seit Jahrtausenden im Reich der Mitte.
Eigentlich ganz gut, dass die EU die Zollpolitik für uns mitbestimmt, denn die deutsche Regierung ist gerade damit beschäftigt sich neu zu bilden, nachdem der Koalitionsvertrag zwischen Schwarz-Rot ausgehandelt und vorgestellt wurde. Es ist aber keine Zukunftskoalition, wie die Ampel es gern gewesen wäre. Wenn wir uns die Äußerungen der vier Köpfe der drei Parteien auf der Pressekonferenz so vor Augen führen, dann stellen wir fest, jede Partei hat ihre Vorstellungen untergebracht und sieht sich als Gewinner. Nur leider die großen Themen wie bspw. eine zukunftssichere Rentenreform oder eine Steuerstrukturreform werden nicht erwähnt. Ein paar Brosamen für die Rentner, die länger arbeiten, eine Steuersenkung für die Unternehmen (allerdings viel zu spät), Senkung der Energiepreise für alle. Aber eine Satzergänzung lässt aufhorchen, denn alles steht unter Finanzierungsvorbehalt. Das kann man auch so übersetzen, erst einmal schauen wie viel Geld in der Kasse ist und ob wir uns das leisten können, wir haben es zumindest erst einmal niedergeschrieben.
Entlastung der Unternehmen und Bürger von der Bürokratie werden ebenfalls fest versprochen. Hatte auch die Ampel geplant, aber nicht umgesetzt. Deshalb ist ihr Autor der Meinung auch das wird wieder heiße Luft werden. So viele Versorgungsposten für die dann freigesetzten Beamten gibt es gar nicht. Und außerdem werden die Gesetze dazu von Beamten gemacht, die sich quasi selbst weg rationalisieren müssten. Allein, dafür fehlt der Glaube.
Dabei ist es notwendig schnell in die Spur zu gelangen. Jetzt ruht erst einmal alles wieder bis zum Mai und dann muss sich die neue Regierung erst einmal wieder einarbeiten. Dafür hat sie nicht die üblichen 100 Schonfrist, dazu sind die Probleme zu groß. Spätestens Mitte Mai müssen die entsprechenden Weichen gestellt sein, denn die künftige Bundesregierung kann in den ersten Monaten ihrer Amtszeit nicht mit Rückenwind von der Konjunktur rechnen: Die führenden Forschungsinstitute gehen in diesem Jahr nur von einem Mini-Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt von 0,1 Prozent aus, wurde beim Schreiben dieses Beitrags bekanntgegeben. Im September wurde noch ein Plus von 0,8 Prozent erwartet. Zu strukturellen Problemen wie dem Fachkräftemangel und ausufernder Bürokratie komme nun zudem enorme Unsicherheit wegen der US-Handelspolitik. Aber vielleicht überrascht uns die neue Regierung mit ihrer Arbeit (früher gab es eine konzertierte Aktion) und es wird doch mehr Wirtschaftswachstum erzielt.
Für das kommende Jahr bestätigten die Institute ihre Wachstumsprognose von 1,3 Prozent. Dann sollen die Milliarden aus dem Paket von Schwarz/Rot (und Grün) für Infrastruktur und Rüstung die Konjunktur anschieben. Die Ökonomen rechnen dadurch mit Mehrausgaben von 24 Milliarden Euro, die das BIP um etwa 0,5 Prozent ankurbeln sollen. Aber dazu muss die neue Regierung schnell die Voraussetzungen schaffen.