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Deutschland wird immer mehr in Rückstand geraten

Ihr Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC

Lange Zeit galt Deutschlands Autoindustrie als das Beste, was Deutschland hervorbrachte. Mercedes, BMW oder die Marken der VW-Gruppe galten als Deutschlands große internationale Qualitätsmarken, ein Ausdruck deutscher Ingenieurskunst, die jeder gern bevorzugt kaufte. Auch international gesehen. Da war der Preis egal. Der Status, ich fahre ein deutsches Auto, zählte. Und dass trotz diverser Skandale (Diesel-Skandal etc.). 

Auch in China mit seinem Riesenmarkt sind Deutschlands Autobauer sehr präsent. Und so manches Mal retteten die Absatzzahlen im Reich der Mitte die erfolgreichen Jahresabschlüsse und damit auch die Boni der Spitzenmanager.

Mit dem Elektroauto-Zeitalter scheint die Dominanz der deutschen Automobilindustrie, speziell von VW, zu bröckeln.

Wie Zahlen des Datendienstleisters Marklines sowie aktuelle Versicherungsdaten aus China laut einem “Handelsblatt”-Bericht zeigen, verkaufte der chinesische Konzern im ersten Quartal des Jahres etwa 13.000 Fahrzeuge mehr als die Wolfsburger. Insgesamt zählte BYD rund 441.000 verkaufte Fahrzeuge. Das entspricht einem Zuwachs von 68 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Auslieferungen von VW schrumpften dagegen um 14 Prozent auf 428.000 PKW.

Setzt sich dieser Trend fort, droht dem VW-Konzern eine massive Unterauslastung seiner mehr als drei Dutzend chinesischen Werke. Neben VW fallen in China auch Audi, BMW und unser Depotwert Mercedes zurück, wie aus den Daten hervorgeht. Insbesondere die Elektroautos der Deutschen finden kaum Abnehmer. In der Branche ist bereits von einem Debakel die Rede.

Die Marke VW ist in China nicht länger der Platzhirsch. Der chinesische Konkurrent BYD verkauft inzwischen mehr Neuwagen in der Volksrepublik als die Wolfsburger, und zwar elektrische. Wurden chinesische E-Autos erst belächelt, haben sie jetzt den jahrelangen Platzhirsch VW vom ersten Platz in der Volksrepublik verdrängt. Chinesische Autos unterscheiden sich kaum noch von den westlichen, sind zum Teil sogar besser. China hat sich zum globalen Leitmarkt der Elektromobilität entwickelt, der im Unterschied zum Gesamtmarkt dynamisch wächst. 

Die anderen Marken sind vielleicht nicht jedem bekannt, aber neben BYD gibt es weitere innovationsstarke chinesische Hersteller, die sich untereinander scharf beobachten und gegenseitig zu Höchstleistungen treiben: Geely, Polestar, SAIC und Xpeng.

Und man darf davon ausgehen, dass viele Modelle jetzt auch in Deutschland und Europa preiswerter angeboten werden und damit wird die deutsche Automobilindustrie neben dem amerikanischen Tesla-Fahrzeugen von zwei Seiten in die Zange genommen.

Der Maschinenbau als zweites großes Standbein der deutschen Wirtschaft hat mit großen Problemen zu kämpfen. Vor allem die Kosten für Energie und Strom werden nach Schätzung der Entscheider aus dem deutschen Maschinenbau dabei durchschnittlich um mindestens 35 Prozent anziehen. Für das Jahr 2023 prognostizieren die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer eine Umsatzentwicklung für die Gesamtbranche von -2,9 Prozent. Der Anteil derjenigen Entscheider, die überhaupt noch an ein Wachstum glauben, ist rapide gesunken. Inzwischen erwartet über 50 Prozent der Befragten eine negative Umsatzentwicklung. Viele Unternehmen werden Produktionsstandorte aus Deutschland verlegen müssen, wenn sie rentabel arbeiten wollen. 

Vom Niedergang der Solarindustrie und den ebenfalls großen Problemen der Projektiere und Betreiber von Windkraftanlagen haben wir schon oft berichtet.

Ach ja, und da war ja noch das Gesetz zur groß angelegten „Wärmewende“, dass in der abgelaufenen Woche im Bundeskabinett verabschiedet wurde. Genauer gesagt, heißt es Gesetz zur Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Nur, was soll man von einem Gesetzentwurf halten, an dem schon jetzt teilweise Zweifel von Seiten der Regierung bestehen und die FDP das Parlament dazu aufruft, noch Änderungen zu beschließen. Das Hoffen auf das berühmte parlamentarische Strucksche Gesetz ist nicht unbedingt das, was man von einer Regierung erwartet. Bevor wir uns damit genauer beschäftigen und welche Möglichkeiten Anleger dabei haben, warten wir ab, wie die endgültige Fassung und Förderung letztendlich aussehen wird. 

Im deutschen Wohnungsbau werden dagegen angesichts gestiegener Material- und Zinskosten immer mehr Projekte storniert. Im März klagten 16 Prozent der Unternehmen über Auftragsstornierungen, wie das Münchner IFO-Institut zu seiner monatlichen Umfrage mitteilte. Im Februar hatte der Anteil noch bei 14,3 Prozent gelegen, im Januar bei 13,6 Prozent. “Die Situation im Wohnungsbau spitzt sich weiter zu”, sagte IFO-Forscher Felix Leiss. “Infolge der rasant gestiegenen Baukosten und der höheren Finanzierungszinsen rentieren sich viele Wohnungsbauprojekte nicht mehr, werden verschoben oder ganz gestrichen. Das Neugeschäft bricht förmlich ein.” Keine guten Nachrichten für die Aktionäre der Bau- und Zulieferindustrie und die Mieter von Sozialwohnungen müssen auch noch Jahre warten, bis sie fertige Wohnungen beziehen können.

Und über allem schweben die bekannten Gefahren der steigenden Zinsen, der Mangel an Fachkräften, der weiter steigenden Energiekosten und der Zweifel an einem Digitalisierungsschub in Deutschland.

Ehrlich gesagt, wir wissen nicht, wie die Regierungskoalition das Dilemma beenden will. Es fehlt ein Deutschlandplan. Ein Ruck muss wieder durch Deutschland gehen, würde der ehemalige verstorbene Bundespräsident Roman Herzog jetzt sagen. Nicht das seine Rede damals viel bewirkt hätte, aber ein Bundespräsident hat nun einmal nur die Macht der Worte.

Beenden wollen wir unseren Beitrag heute trotzdem mit einem positiven Ausblick. Auf dem Aktienmarkt werden die derzeit negativen Fakten ausgeblendet, der deutsche Leitindex steht kurz davor, ein neues Jahreshoch zu markieren. Das alte lag bei 15.916 Punkten. Wenigstens etwas funktioniert noch… (vorerst!)