Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Dank der Corona-Impfung schrieben Pfizer, Biontech und Moderna während der Pandemie gewaltige Gewinne. Unser Depotwert Roche in Basel wiederum profitierte von Corona-Tests, die sich in großer Zahl und in hoher Frequenz durchführen ließen. Doch inzwischen ist Ernüchterung eingekehrt. Die Aktienkurse der Covid-19 Gewinner sind im Keller. Während Roche den Umsatz zumindest einigermaßen stabil halten konnte, sind die Verkäufe der Impfstoff- Produzenten regelrecht eingebrochen. Ein Beispiel: Biontech setzte auf dem Höhepunkt der Pandemie in einem Jahr 19 Milliarden Euro um, im ersten Quartal 2024 waren es gerade noch 200 Millionen Euro. Das reicht wahrscheinlich noch nicht einmal für einen Jahresumsatz von einer Milliarde Euro, wenn nicht wieder eine neue Pandemie die Welt erschüttert.
Aber trotz der jüngsten Verluste notieren die Aktienmärkte noch immer in Schlagdistanz zu ihren Rekorden. Wie so oft in solchen Situationen fragen sich viele Anleger, ob sie so nah am Hoch noch einsteigen oder besser auf eine Korrektur warten sollen. Wissenschaftliche Untersuchungen liefern dazu wertvolle Hinweise. So haben etwa die Kapitalmarktexperten von HQ Trust, dem Family Office von BMW-Patriarch Harald Quandt, für eine neue Analyse die Kurse des MSCI seit 1973 betrachtet, also aus mehr als 50 Jahren. Demnach lohnt sich das Warten auf das nächste Jahrestief in aller Regel nicht, da Anleger bis dahin viel mehr Rendite liegenlassen, als sie nach dem günstigeren Einstieg gewinnen können.
Der Halbleiteraktienindex SOX hat einen herausragenden Jahresstart hingelegt: Im ersten Quartal stieg er um 17,5 Prozent – gut sieben Prozentpunkte mehr als der S&P 500. Das zweite Quartal begann jedoch mit einem Rücksetzer um zwölf Prozent in den ersten drei Aprilwochen. Verantwortlich waren unerwartet niedrige Auftragseingänge eines europäischen Unternehmens, der vergleichsweise verhaltene Ausblick eines taiwanischen Konzerns sowie steigende Kapitalmarktzinsen. Jüngst stabilisierte sich der SOX jedoch wieder, da besonders Aktien von Halbleiterkonzernen zulegten, die Chips für Industrie- und Automobilkonzerne produzieren. Dass nun auch diese Segmente zur Indexentwicklung beitragen, ist als ein positives Zeichen zu werten – schließlich wurde der SOX bisher vor allem durch die Hausse von Chipdesignern und Grafikkartenherstellern getrieben. Ob die gegenwärtige Erholung anhalten kann, wird sich am 22. Mai entscheiden, denn dann legt der Branchengigant Nvidia seine Quartalsergebnisse vor. Alles andere als neue Spitzenwerte wäre eine große Überraschung für die Märkte.
Der EURO STOXX 50 hat im April gut drei Prozent verloren. In dieser Schwächephase konnten sich defensive Sektoren mit der Ausnahme von Energieunternehmen (plus sieben Prozent), die von steigenden Energiepreisen profitieren konnten, am besten halten. Versorger legten 0,5 Prozent zu und die Sektoren Basiskonsum und Gesundheit kamen mit vergleichsweise kleinen Rücksetzern von jeweils minus 0,7 Prozent davon. Schlimmer traf es indes konjunktursensitive Sektoren. Zyklischer Konsum (minus 5,7 Prozent), Grundstoffe (minus 5,4 Prozent) und Technologie (minus 5,4 Prozent) bildeten die Schlusslichter im Index. Anleger sollten dies jedoch nicht als nachhaltige Entwicklung werten. Die gute Entwicklung der Vormonate haben wohl eher zu Gewinnmitnahmen geführt, sollten Anleger ja immer wieder mal machen.
Wir erinnern uns noch an die Wärmepumpen(hysterie) aus den Anfängen der Ampelzeit, die von den grünen Regierungspartnern geradezu befeuert wurde. Aber so wie die grünen Umfragewerte immer weiter zurückgehen, geht auch der Absatz der Wärmepumpen zurück. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie meldete vergangene Woche einen Absatzeinbruch bei Wärmepumpen. Im ersten Quartal wurden nur 46.000 Anlagen verkauft, im Vorjahreszeitraum waren es noch 96.500. Aber auch andere westeuropäische Länder wie bspw. Schweden und die Niederlande haben starke Absatzrückgänge zu verzeichnen. Verantwortlich für diese Entwicklung sind einerseits die schwache Neubautätigkeit infolge hoher Zinsen und gestiegener Baukosten sowie andererseits der Rückgang der Gaspreise.
Der US-Arbeitsmarkt präsentierte sich im April schwächer als von Analysten im Vorfeld erwartet. Hatten diese mit 240.000 neuen Stellen gerechnet, kamen stattdessen mit 175.000 Stellen so wenig hinzu wie seit sechs Monaten nicht mehr. Die Gesamtzahl der Arbeitslosen stieg auf 6,5 Millionen, die Arbeitslosenquote auf 3,9 Prozent. Darüber hinaus hat sich auch das Lohnwachstum im April unerwartet abgeschwächt. Damit werden Erwartungen an eine baldige Zinssenkung der Fed wieder genährt, ein erster Zinsschritt wird im September erwartet. Und ein weiterer für Dezember, also nach den Wahlen in den USA. Damit hat die Fed mit ihrer eventuellen Zinssenkung sich aus dem Wahlkampf weitgehend herausgehalten.
Und zum Schluss noch eine Bemerkung zu der Reise des chinesische Präsidenten Xi Jinping in Europa, die ihn nach Paris, Belgrad und Budapest führte. Eine etwas außergewöhnliche Reiseroute, findet ihr Autor. Aber ok, es gab ja doch einiges zu bereden in Paris. Chinas Unterstützung für Wladimir Putin und dessen Krieg zum Beispiel. Hart zur Sache wird es hinter den Kulissen auch in Wirtschaftsfragen gegangen sein. Die EU bereitet Strafzölle in Bereichen vor, auf die man von Deutschland aus mit besonderem Interesse schaut. Billige Elektroautos aus China graben der deutschen Industrie das Wasser ab. Peking kickt mit Subventionsmilliarden die Konkurrenz geradezu aus dem Geschäft. Herr Xi sieht das natürlich anders und wird mit Vergeltungsmaßnahmen drohen, wenn die EU ihm mit Strafen kommt. Allerdings stottert die Wirtschaft bei ihm zuhause eher, als dass sie surrt. China braucht die europäischen Märkte – die EU das Geschäft in China aber auch. Wer zuerst blinzelt, verliert. Und ob Frau von der Leyen geblinzelt hat, die alle EU-Länder, die abseits der Reiseroute des chinesischen Präsidenten lagen, vertreten durfte, werden wir sehr bald sehen.