Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Am Montag vergangener Woche waren die Märkte in Panikmodus. Dabei witterten die Bullen in der Woche davor noch Morgenluft. Die US-Notenbank drehte zwar erwartungsgemäß (noch) nicht an der Zinsschraube, Fed-Chef Jerome Powell ebnete mit seinen Äußerungen aber den Weg dafür. Bei der nächsten Sitzung im September könne eine Zinssenkung „auf den Tisch kommen“, so Powell.
Nun dürfte wohl jedem Marktteilnehmer klar sein: Die Zinssenkung wird und muss kommen, denn die lange Zeit sehr robuster US-Wirtschaft zeigt nun doch schon erhebliche Bremsspuren. Ein deutlicher Beleg dafür war der enttäuschende Arbeitsmarktbericht. So wurden im Juli lediglich 114.000 Stellen geschaffen, 175.000 waren erwartet worden. Die Arbeitslosenquote stieg von 4,1 auf 4,3 Prozent.
Wie wir aus der Vergangenheit wissen, benötigt jeder Crash oder besser gesagt Rücksetzer, denn etwas anderes war es nicht, einen Anlass (2008 Finanzkrise/ Lehman Brother, 2000 Platzen der Internetblase etc.).
Im aktuellen Fall wurde er ausgelöst vom sogenannten Carry Trade in Japan und von Rezessionssorgen in den USA.
Unter Carry Trade verstehen wir, dass sich Anleger in einer günstigen Währung bei niedrigen Zinsen verschulden und das Geld woanders besser anlegen – primär in den USA.
Die japanische Zentralbank hat nach Jahren der Untätigkeit sich doch noch entschlossen den Leitzins langsam zwar, aber doch anzuheben und der zunehmenden Entwertung des Yen entgegenzuwirken. Das wiederum sind ausgesprochen schlechte Nachrichten für alle, die sich in Yen verschuldet haben, um z. B. Aktien oder Dollar-Assets zu kaufen (Carry Trade). Leider hat das dann zu einer gewissen Eigendynamik geführt, die den einen oder anderen Anleger gegrillt haben dürfte. Wobei Carry Trades nichts für Kleinanleger ist. Das machen nur die ganz großen Investment- und Hedgefonds.
Kommen dann aber jedoch Rezessionssorgen dazu, platzt der ganze Spaß. Und umso mehr, wenn das alles auf heiß gelaufene Aktienmärkte trifft. Wir hatten darauf mehrfach hingewiesen, dass eine Rotation an den Aktienmärkten weg von Technologiewerten im Gange ist. Wachstum wird nicht ewig in dem Tempo weitergehen können. Dann verlieren Aktien wie Nvidia, Apple, Amazon, Arm Holdings, Intel oder ASML mal rucki zucki 30 bis 50 Prozent in einer Woche.
Die Aktienmärkte, insbesondre Big Tech in den USA, sind super gelaufen und nicht mehr ganz billig. Der Anteil der USA an der Gesamtheit der globalen Aktienmärkte, und eine Ebene darunter, der Anteil der größten US-Tech-Titel daran, ist so groß wie nie. Die FED hat einen, ob der Inflation, der Geldgeschenke und der überraschend resilienten Konjunktur, recht aggressiven Zinszyklus hinter sich. Unser Bewertungsmaßstab, die Währung, hat zum ersten Mal seit 15 Jahren wieder einen kalkulierbaren Preis.
Und da war oder ist noch die Tatsache mit dem möglichen Mehrfrontenkrieg im Nahen Osten, der vor allem die europäischen Märkte (schon seit längerem) stark verunsichert hat, denn wir haben ja auch noch den Krieg in der Ukraine direkt vor der Haustür.
All das passiert nun, in einer Marktphase, wo viel Investoren deutliche Gewinne auf ihren Positionen haben, die dann plötzlich und schnell alle aus derselben, recht kleinen Tür heraus wollen, sprich ihre Buchgewinne umwandeln wollen in Cash.
Das Ganze trifft wegen der Urlaubszeit dann auch noch auf weniger Liquidität und einen Katalysator in Form von computergestütztem Handel, der mit Hilfe von KI oder sonst welcher programmierter Software. Der Ausverkauf wird rasant beschleunigt.
Zu empfehlen ist jetzt die Ruhe zu bewahren! Und wenn sich der Staub gelegt hat, schauen wir einmal, ob es noch einen Schaden gibt bzw. wie hoch der Schaden ist, denn die Aktienmärkte erholen sich eigentlich relativ schnell. Vielleicht gibt es ja schon wieder Kaufgelegenheiten, eine Cash-Reserve sollte ja jeder Anleger haben.
Und noch ein Rat, lassen Sie die Boulevardpresse liegen, die verdienen nur ihr Geld mit den Horrorszenarien für ihr Aktiendepot.
Einer hat wieder einmal richtig vorher reagiert. Warren Buffett und sein Unternehmen Berkshire Hathaway haben kürzlich 50 Prozent ihrer Apple-Aktien verkauft, was darauf hindeutet, dass sie eine bevorstehende Rezession und eine massive Marktkorrektur erwartet haben. Durch diesen Verkauf hält Berkshire Hathaway nun 277 Milliarden Dollar in bar. Damit kann man schon eine ganze Menge an den Märkten bewegen. Die enorme Bargeldreserve ist rekordverdächtig und deutet darauf hin, dass Buffett dabei ist, noch vor einer möglichen Rezession Positionen zu schließen und später zu günstigeren Kursen wieder im großen Stil Aktien aufzukaufen. Buffett ist ja bekannt für seine Strategie, in schwierigen Zeiten liquide Mittel vorzuhalten, um in Phasen niedriger Bewertungen groß einzusteigen. Hat Warren Buffet das Dilemma vorausgesehen oder gar mit zu verantworten? Dass er es zu verantworten hat, kann man nahezu ausschließen. Die Verkäufe von Berkshire Hathaway wurden über Monate etappenweise getätigt, und hätten deshalb schon wesentlich früher zum Preissturz führen müssen.
Andere sehen die Situation wiederum als Chance. Der US-Tech-Index Nasdaq 100 ist seit seinem am 10. Juli erreichten Rekordhoch um knapp elf Prozent gefallen. Die bekannte Tech-Investorin Cathie Wood sieht diesen Ausverkauf offensichtlich als Kaufgelegenheit.
Mit ihrem Flaggschifffonds Ark Innovation ETF (ARKK) kaufte sie in diesem Zeitraum Aktien im Wert von mehr als 124 Millionen Dollar. Das geht aus Daten von Woods Unternehmen Ark Invest hervor, die das Handelsblatt ausgewertet hat.
Na also, geht doch noch etwas bei den großen Fonds.