Ihr Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Auch die Kennzahl Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV) ist eine wichtige Kennzahl für eine schnelle Betrachtung eines Wertpapieres. Was ist nun aber der Cashflow? Darunter verstehen wir vereinfacht gesagt den Kapitalfluss oder die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben in einem Unternehmen. Während der Gewinn mit buchhalterischen Möglichkeiten (wir sprechen auch manchmal von Bilanzkosmetik) beeinflusst werden kann, ist dies beim Cashflow weniger möglich. Im Kapitalfluss bilden sich die tatsächlichen realen Zu- und Abflüsse an Kapital eines Unternehmens ab. Der Gewinn (beim KGV) hängt bspw. auch von Abschreibungsmethoden oder anderen Einflussgrößen ab. Deshalb ist das KCV, wobei der Cashflow eines Unternehmens ins Verhältnis zum Aktienkurs gesetzt wird, die bessere Kennzahl als das zugegeben weitaus populärere KGV. Da der Kapitalfluss von verschiedensten Faktoren abhängt, gibt es von Branche zu Branche enorme Unterschiede. Deshalb lässt sich hier keine Faustregel für Vergleiche formulieren. Es gilt jedoch auch hier: Je niedriger die Kennzahl, desto günstiger die Bewertung im Vergleich zu anderen Branchenunternehmen.
Gerade bei jungen Unternehmen wird immer die Frage laut, welche Zukunftschancen sie haben, ob genügend Substanz für eine erfolgreiche Entwicklung im Unternehmen vorhanden ist. Und auch bei älteren Unternehmen stellt sich manchmal die gleiche Frage. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis, kurz KBV (Englisch: price book ratio P/B ratio), erlaubt die Beurteilung der Substanz einer Aktiengesellschaft. Hierbei wird der Aktienkurs in Relation zu ihrem anteiligen Buchwert, dem Eigenkapital je Aktie, gesetzt. Am einfachsten berechnen lässt sich das KBV, indem der Börsenwert einer Aktiengesellschaft durch deren bilanziertes Eigenkapital dividiert wird. Gemäß der Theorie des Value Investings ist eine Aktie umso preiswerter, je niedriger ihr KBV ist. Ein KBV von eins bedeutet beispielsweise, dass die bilanzierten Vermögenswerte einer Gesellschaft nach Abzug aller Verbindlichkeiten dem Börsenwert entsprechen. Bei einer möglichen Liquidation der Gesellschaft könnte rein theoretisch jeder Aktionär mit einer Zahlung in Höhe des Aktienkurses rechnen. Nachteilig dabei ist, eventuell vorhandene stille Reserven werden beim KBV nicht berücksichtigt, erfasst werden ausschließlich die in der Bilanz ausgewiesenen Buchwerte.
Entscheidend, gerade jetzt, in dieser von immer strengeren Bankenregeln für das Kreditwesen geprägten Zeit, ist das Eigenkapital eines Unternehmens. Und damit auch die Verschuldung, die ein Unternehmen aufweist. Und damit sind wir schon bei der Eigenkapitalquote und dem Verschuldungsgrad. Die Eigenkapitalquote (Englisch: equity ratio) ist eine Kennzahl, die das Verhältnis von Eigenkapital zum Gesamtkapital (= Bilanzsumme) eines Unternehmens wiedergibt. Sie ist damit eine wichtige Größe zur Darstellung der Kapitalstruktur des betrachteten Unternehmens. Je höher die Eigenkapitalquote ist, desto finanziell gesünder und kreditwürdiger gilt ein Unternehmen. Eine ähnliche Aussagekraft wie die Eigenkapitalquote hat der Verschuldungsgrad eines Unternehmens. Hierbei wird das Fremdkapital in Relation zum Eigenkapital gesetzt. Je höher der Verschuldungsgrad eines Unternehmens, desto riskanter gilt – abgesehen von Ausnahmefällen – ein Investment. Wir versuchen bei den Neuvorstellungen und Updates auch diese beiden Kennzahlen mit aufzuspüren und zu beurteilen.
Und zum Schluss wollen wir als Aktionäre wissen, wie gut oder schlecht das Management mit unserem Kapital arbeitet, welches wir dem Unternehmen über den Aktienkauf zur Verfügung stellen. Dazu müssen wir uns die Eigenkapitalrendite anschauen. Bei der Eigenkapitalrendite (Englisch: return on equity) wird der Jahresüberschuss ins Verhältnis zu dem von den Aktionären eingesammelten Geld gesetzt. Auf diese Weise lässt sich darstellen, wie effizient das Unternehmen mit dem Aktionärsgeld wirtschaftet. Je höher die Eigenkapitalrendite ausfällt, desto rentabler arbeitet das Unternehmen.
Natürlich können Anleger und Analysten noch eine Vielzahl anderer Kennzahlen aus den Bilanzen entnehmen. Aber für Kleinanleger reichen die vorgenannten Zahlen, um eine Aktie zu beurteilen.
Fakt ist aber auch, dass die Zahlen stimmen müssen. Wir sehen an dem Fall Wirecard, dass es auch anders sein kann. Das in München anhängige Gerichtsverfahren arbeitet jetzt auf, wie es trotz falscher Zahlen und anderer Bilanzmanipulationen so lange gedauert hat, diese als Fake zu entlarven. Es handelte sich allerdings bei diesem Unternehmen um einen der wenigen Einzelfälle, die jahrelang unentdeckt blieben.
Fakt ist auch, Anleger können sich in der Regel auf die Bilanzen der Unternehmen und Testate der Wirtschaftsprüfer verlassen.
Trotzdem sollte der Kleinanleger immer etwas genauer hinschauen, wenn „sein“ Unternehmen die Bilanz einschließlich der Gewinn- und Verlustrechnung (GUV) veröffentlicht. Die Zahlen sind das eine, die Interpretation und die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, bleibt immer dem Anleger überlassen. Die vorgestellten Kennzahlen sollen dabei helfen. Allerdings kann meistens auch der gesunde Menschenverstand helfen, abseits von allen Zahlenwerken, die richtige Entscheidung zu treffen.