Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Der Don hat sich durchgesetzt. Auf dem Nato-Gipfel in Den Haag vereinbaren die Mitgliedsstaaten eine drastische Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Künftig sollen die Militärausgaben der Alliierten so hoch werden, wie seit dem Kalten Krieg (wir erinnern uns, das war der Zusammenbruch des Ostblocks 1989) nicht mehr. Unter dem Eindruck von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und auf Drängen des US-Präsidenten hat sich die Nato verpflichtet, die Verteidigungsausgaben in beispielloser Weise anzuheben. Die Alliierten legten sich in der Abschlusserklärung ihres Gipfels in Den Haag auf das neue Ziel fest, jährlich fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung und Sicherheit zu investieren.
Aber bitte nicht gleich, wurde auch noch gesagt, sondern spätestens ab 2035 (hoffentlich warten diverse Feinde bitte schön darauf und greifen nicht, wie aus Geheimplänen ersichtlich sein soll, 2028 schon an).
Im Jahr 2035 werden die meisten derjenigen, die es aktuell beschlossen haben, wohl nicht mehr im Amt sein. Bisher wohlgemerkt lag das Ziel bei zwei Prozent. Das haben sehr viele NATO-Staaten nicht erreicht. Deutschland war auch lange kein Musterknabe, was die Verteidigungsausgaben anbetrifft. Mit dem noch von der Ampel beschlossenen Sondervermögen kommen wir geradeso einmal auf 2,12 Prozent. Das ist nicht gerade viel im Vergleich zu unseren Nachbarn Polen. Das Land gibt 4,12 Prozent des BIP für die Verteidigung aus. Das kleine Estland kommt auf 3,38 Prozent und Litauen auf 3,15 Prozent. Da mag die Nähe zum einstigen russischen oder sowjetischen Brudervolk aus dem Kalten Krieg durchaus eine Rolle spielen. Die USA liegen übrigens bei 3,38 Prozent.
Aber wer jetzt denkt, die Waffenbeschaffung wird jetzt endlich vereinheitlicht und ein System der kollektiven Selbstverteidigung geschaffen…, nun es wird wohl wieder eine Vision bleiben. Die meisten Staaten werden den Großteil ihrer Waffensysteme in den USA bestellen, das hatte der POTUS wahrscheinlich auch so geplant. Vielleicht bekommen auch die Europäer etwas ab und können einen kleinen bis mittleren Reibach machen. In Deutschland sind die Auftragsbücher diverser Waffenhersteller auf Jahre hinaus prall gefüllt. Das hängt aber nur mit den Aufträgen aus dem alten Sondervermögen zusammen, ohne die würden wir wohl eine eins vor dem Komma haben, was die Ausgabe für unsere Sicherheit betrifft.
Übrigens, im Gegenzug für das Fünf-Prozent-Versprechen erwarten die Alliierten nun, dass der Don und seine wie auch immer gearteten Nachfolger künftig keinen Zweifel mehr daran lassen, dass die USA zur Beistandsverpflichtung nach Artikel 5 des Nato-Vertrags stehen. Also zu der Vereinbarung, dass ein Bündnispartner im Fall eines Angriffs auf die Unterstützung der Alliierten zählen kann und ein Angriff auf ein Mitglied als ein Angriff auf alle gewertet wird. Dieser Artikel kam bisher nur einmal zur Anwendung. Ihn hatten die USA ausgerufen, als das World Trade Center von Terroristen aus Bin Ladens Reich angriffen. Das war 2001, lang ist es her…
Nur 3,5 Prozent sollen direkt in die militärischen Ausgaben fließen, die restlichen 1,5 Prozent sind für die erweiterte Sicherheit vorgesehen. Also für Cybersicherheit, Straßen- und Brückenbau und auch neue Kasernen braucht es speziell in Deutschland.
Hier werden demnächst die Bücher der IT-, Hoch- und Tiefbaufirmen gefüllt und damit die Aktien durch die Decke gehen.
Noch etwas wurde in der letzten Woche beschlossen, der erste Haushaltsentwurf der schwarz-roten Bundesregierung.
Der neue Bundesfinanzminister Lars Klingbeil unterscheidet sich nicht nur optisch von seinem Vorgänger Christian Lindner, sondern auch in der Finanzpolitik sind die beiden nicht kongruent. Während Lindner als Sparminister auftrat, wird Klingbeil jetzt als der Ausgabenminister wahrgenommen. Um nicht gleich in den Ruf als Schuldenminister zu kommen, nennt er sich gern Investitionsminister.
Der Gesamtetat im Kernhaushalt steigt in diesem Jahr um rund sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr – auf 503 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2029 könnten die Ausgaben sogar auf 574 Milliarden Euro anwachsen. Den größten Posten im Bundeshaushalt bildet auch in diesem Jahr der Sozialetat. Er liegt bei 190 Milliarden Euro. Das ist etwas mehr als ein Drittel der Gesamtausgaben. Dagegen schrumpft der Etat für Gesundheit von 16,7 Milliarden Euro auf 16,4 Milliarden Euro. Wie viel Geld für die Verteidigung ausgegeben werden soll, bleibt nebulös. Offiziell stehen 62 Milliarden im Etat aber wir wissen, dass das Sondervermögen oberhalb von einem Prozent greift. Aber egal, bezahlen müssen wir das so oder so alles als Steuerzahler…
Bundesfinanzminister Klingbeil und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche von der CDU hatten am vergangenen Dienstag eingeräumt, dass zum 1. Januar 2026 zunächst nur die Industrie sowie die Land- und Forstwirtschaft von der Stromsteuer entlastet werden sollten. „Hier trifft dann sozusagen der Koalitionsvertrag auf finanzielle Möglichkeiten und Wirklichkeit“, so Reiche.
Die Senkung der Stromsteuer für alle Firmen und auch die privaten Haushalte war eines der zentralen Vorhaben der Koalition zur Dämpfung der Energiekosten. Die Ampel hatte die Stromsteuer für produzierende Unternehmen zum 1. Januar 2024 auf den europarechtlich zulässigen Mindestsatz je von 0,05 Cent je Kilowattstunde gesenkt. Laut Koalitionsvertrag von Union und SPD sollte die Entlastung künftig für alle Betriebe gelten. Zudem sollte die Stromsteuer für private Haushalte von derzeit 2,05 Cent gesenkt werden. Das nächste Versprechen, was nicht eingehalten wird. Es hätte durchaus etwas Mut bedurft, denn Entlastungen sind jetzt dringend notwendig, um der Konjunktur einen Schub zu verleihen. Aber noch ist es ja nur ein Entwurf…, der erst einmal durch Parlament und Bundesrat muss.