Die deutsche Bankenlandschaft im Wandel – Eine Betrachtung
Die Blauen, die Gelben und die Grünen, dazu noch die Roten und ein paar kleinere, und alles war in Ordnung in der Vergangenheit. Nein, das sind nicht die Farben des Parteienspektrums in Deutschland. Wir sprechen hier über die vor Jahren festgefügte Bankenlandschaft in Deutschland und ihren Wandel. Anlass dazu gibt der Abstieg der Commerzbank aus dem DAX und der der Deutschen Bank aus dem EuroStoxx 50 – beide Ereignisse für Branchenkenner keine Überraschung.
Ein kleiner (nicht repräsentativer) Praxistest
Ein Bekannter lebt in einer kleinen (Noch-)Kreisstadt mit circa 21 000 Einwohnern. Vor ein paar Tagen stattete er seiner Hausbank mal wieder einen persönlichen Besuch ab. Gähnende Leere empfing ihn. Die drei Schalterangestellten waren die einzigen, die mit ihm im Raum standen. Sein Anliegen war schnell behoben – das falsche Formular wurde ausgetauscht, und er verließ die Bank. Da er vergessen hatte, noch Bargeld zu ziehen, ging er ein paar Schritte weiter zur nächsten Bank aus dem Verbund, keine 150 Meter entfernt, auch hier sah es nicht anders aus. Eine ältere Nachbarin hatte ihn außerdem gebeten, einen Beleg für sie in der Sparkasse abzugeben. Und auch dort das gleiche Bild, mehr Angestellte als Kunden.
Wir denken, in den drei anderen ortsansässigen Banken wird es nicht anders sein. Wie gesagt, das Erlebnis ist nicht repräsentativ, aber es zeigt sehr deutlich, in welchem Ausmaß Deutschland „overbanked“ ist.
Unsere Kreditinstitute haben den Trend der Zeit verschlafen
Als die ersten Direktbanken an den Start gingen, waren die Kreditinstitute nicht noch nicht bereit, große Summen in den Aufbau eines Direktbankensystems zu investieren. Dabei begann die Geschichte der Direktbanken schon im Oktober 1965 mit der Bank für Spareinlagen und Vermögensbildung in Frankfurt, die später in Allgemeine Deutsche Direktbank AG umfirmierte und das Vorläuferinstitut der bekannten Direktbank ING-DiBa ist. Allerdings gab es damals noch kein Onlinebanking, korrespondiert wurde per Brief. Eine ganze Generation später, im April 1999, ging mit der Netbank die erste reine Internet-Bank Deutschlands und Europas an den Start. Um eine Kontoeröffnung schnell und unabhängig durchführen zu können, wurde im Oktober 1996 das Postident-Verfahren eingeführt, sodass der neue Kunde nicht mehr persönlich in der Bank erscheinen musste. Damit war auch die letzte persönliche Kontakterfordernis entfallen. Einige Direktbanken vereinfachen die Kontoeröffnung inzwischen sogar durch das Videoident-Verfahren, der Identitätsprüfung online.
Statt jedoch die Chancen und die betriebswirtschaftlichen Vorteile des Direktbanking zu nutzen, halten die meisten Kreditinstitute noch eine personal- und kostenintensive Filialnetzstruktur vor. Aber okay, die Filialen sind ausgedünnt worden. Die Kunden, auch die älteren, gehören immer mehr zur Generation Internet. Und alle Filialen müssen ja auch nicht geschlossen werden.
Seit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise 2008 war es mit dem profitablen Zinsgeschäft der Banken vorbei, die Nullzinspolitik der EZB bescherte ihnen einen Einbruch im klassischen Geschäft (Geld der Sparer für niedrige Sparzinsen annehmen und zu teuren Kreditzinsen verleihen). Eine kurze Phase hätten sie sicher problemlos weggesteckt, aber 10 Jahre sind mindestens 9 Jahre zu viel. Also drehten sie mehr und mehr an der Gebührenschraube. Aber hier durften sie auch nicht überdrehen, denn in der Zukunft möchten die Banken ja wieder etwas mit ihren verbliebenen Kunden verdienen, wenn die dann wieder Geld anlegen wollten.
Einen weiteren Konkurrenten bekommen die Geldhäuser aktuell in Form von Start-ups aus der FinTech-Szene. Diese innovativen FinTechs bieten Kredite zu niedrigeren Zinsen als die großen Institute und schnellere Bearbeitungszeiten aufgrund des Einsatzes neuer Technologien im Bankenwesen. Die Anlageberatung wird durch sogenannte Robo-Advisors getätigt und die Anlage auf Wunsch des Kunden auch durchgeführt.
Und die Zugänge zu den Börsen sind für Anleger heutzutage so online geschaltet, dass sie beinahe in Echtzeit handeln können, ohne zusätzliche Kosten der Banken fürchten zu müssen.
Wo liegt der Ausweg für die „alten“ Banken?
Den Ausweg wird es nicht geben. Jede Bank wird individuell prüfen, was sie sich kostenmäßig noch leisten kann. Personalabbau wird weiterhin die große Linie sein. Die Zeiten, in denen Bankangestellter ein sicherer Lebensjob war, sind längst vorbei. Bankfilialen werden sicherlich nicht mehr lange in dieser geballten Form existieren. Fusionen, bankübergreifende Kooperationen und neue Denkweisen sind auch bei den Kreditinstituten immer wieder neu angesagt. Die Betreuung der Kunden vor Ort wird sich vielleicht nur noch über Videochat rechnen. Das Marketing wird neue Wege gehen, um die Bankkunden noch für den Kauf von Bankprodukten zu gewinnen.
Und was wird aus den großen Banken?
Deutschland braucht als führende Exportnation eine weltweit agierende Universalbank, die internationale Fusionen und Übernahmen (M & A) und das Investmentbanking erfolgreich stemmen kann. Dieses Geschäftsfeld wird jetzt mehr und mehr von den US-Banken übernommen.Die Deutsche Bank und Commerzbank werden in der aktuellen Lage fast in der Bedeutungslosigkeit versinken. Ein Weg aus der Misere wäre eventuell ein Zusammengehen mit einem starken kapitalkräftigen Partner an der Seite. Der muss nicht unbedingt aus Europa kommen. Vielleicht sollte sich aber auch die deutsche Bankenwelt mit der Wirtschaft zusammensetzen und eine neue kapitalkräftige deutsche Universalbank aus den wertvollen Resten des alten Bankenbestandes gründen, die den Anforderungen der heutigen Zeit entspricht. Nur so eine Idee …