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Cum-Ex – Steuertricksereien für Reiche

Cum-Ex – Steuertricksereien für Reiche

Viele Bürger fragen sich angesichts des von den Medien aufgedeckten neuen Cum-Ex-Skandals erstaunt, hatten wir das nicht alles schon einmal? Und hatte der damalige Bundesfinanzminister und jetzige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble nicht ehedem verkündet, diesen Sumpf mit gesetzgeberischen Maßnahmen trockenzulegen?

Aber erinnern wir uns erst einmal, um was es dabei eigentlich ging und aktuell immer noch geht.

Was verbirgt sich hinter Cum-Ex?

Der Begriff Cum-Ex existiert in der deutschen Sprache (noch) nicht. Doch wir finden einen Verweis auf Dividendenstripping, was für erfahrene Aktionäre und Leser unseres Newsletters kein unbekanntes Terrain mehr ist.

Unter Dividendenstripping verstehen wir börsentechnisch die Kombination aus dem Verkauf einer Aktie kurz vor dem Termin der Dividendenzahlung und dem Rückkauf derselben Aktie kurz nach dem Dividendentermin.

Dabei steht inländischen Aktionären eine Steuererstattung zu, ausländischen Anlegern allerdings nicht. Viele Banken haben daraus ein Geschäft gemacht. Sie kaufen die Aktien ausländischer Kunden kurz vor Auszahlung der Dividende und verkaufen sie danach sofort wieder. Bei diesen als Cum-Ex bezeichneten Geschäften kam es in der Vergangenheit in großem Umfang zu bewusst herbeigeführter mehrfacher Erstattung von nur einmal abgeführter Kapitalertragsteuer.

Eine andere Spielart der Cum-Ex-Geschäfte sind Cum/Cum-Geschäfte oder Cum-Cum-Trades zur Umgehung der Kapitalertragsteuer für ausländische Anleger. Eines ist aber allen gemein: Sie gehen zulasten der deutschen und europäischen Steuerzahler.

Seit 1992 wissen deutsche Finanzbehörden bereits, dass Banken und Investoren mit den Cum-Ex-Geschäften den Fiskus massiv schädigen.

Wie funktioniert das in der Praxis?

Klar ist, dass diese Deals nur um jene Tage herum abgewickelt werden, an denen Unternehmen ihren Aktionären eine Dividende zahlen. Diese Geschäfte ermöglichten es Anlegern über viele Jahre hinweg, sich Kapitalertragsteuern erstatten zu lassen, und das ist das Problem dabei, die zuvor gar nicht gezahlt worden sind und damit also auch nicht erstattungsfähig.

Der Trick beruht darauf, dass Dividenden für institutionelle Investoren wie Fonds oder Banken steuerfrei sind. Die Kapitalertragsteuer von 25 Prozent wird zwar bei der Ausschüttung automatisch an den Fiskus abgeführt, die Investoren können sie sich jedoch erstatten lassen.

Bei Cum-Ex-Geschäften greifen die Finanz- und Steuerprofis auf das bewährte Mittel Leerverkäufe zurück. Wie wir wissen, kann es bei dieser Art Aktiengeschäften für kurze Zeit quasi zwei Eigentümer geben: den Investor, der die Aktie geliehen hat, und den Besitzer, der die Aktie verliehen hat. Aber schon in dem Moment, in dem der Leerverkauf vereinbart wird, gilt der Käufer als wirtschaftlicher Eigentümer. Damit erwirbt er auch einen Erstattungsanspruch für die Kapitalertragsteuer auf die Dividende. Das Paradoxe daran ist, dass die Steuer nur einmal zuvor an den Fiskus abgeführt wurde.

Ist das alles juristisch okay?

Zumindest war es das bis 2012, dann änderte die Bundesregierung die Praxis bei der Abführung der Kapitalertragsteuer so, dass der Trick zumindest auf die bisherige Art nicht mehr funktionierte.

Da es jedoch zuvor scheinbar eine gesetzlich abgesicherte Basis für diese Geschäfte gab, unter anderem durch das 1999 vom höchsten deutschen Gericht, dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, ergangene Urteil zur Rechtmäßigkeit des wirtschaftlichen Eigentums, sehen sich Cum-Ex-Betrüger teilweise bis heute im Recht. Die Strafverfolger argumentieren jedoch, die Deals seien niemals legal gewesen, weil die Gesetze gezielt missbräuchlich genutzt wurden, um den Fiskus auszunehmen.

Also wird sich der Gesetzgeber weiter damit zu beschäftigen haben und hoffentlich dieses Mal alle Schlupflöcher schließen.

Allerdings geht es dabei ja um die „notleidenden“ Banken, die leider immer wieder unter Artenschutz der Bundesregierung gestellt werden, egal welchen Blödsinn sie verzapfen. Die Banken und Investoren teilen sich wegen der fehlenden grenzüberschreitenden Kontrollen die dabei eingestrichenen europaweiten Steuergutschriften.

Um welche Beträge geht es?

Peanuts sind es keine. Der Schaden für die deutschen Finanzämter ist allein in den Jahren 2001 und 2016 mit 31,8 Milliarden Euro zu beziffern, so die Steuerexperten der Universität Mannheim. Europaweit beträgt der Schaden mindestens 55,2 Milliarden Euro.

Zu Recht fragt sich der NDAC nun wie viele andere Steuerzahler auch, wieso die Banken einerseits mit Milliardengeldern gerettet wurden und andererseits alles tun, um die rettende Hand massiv zu schädigen.

Auch stellt sich die Frage, wie schlimm es um Europas Bankenlandschaft eigentlich bestellt ist, wenn wir davon ausgehen, dass der Gewinn der siechen Banken ohne diese Tricksereien in den letzten Jahren um mindestens 27,6 Milliarden – wir nehmen an, der Gewinn wurde wie unter Gaunern üblich fifty fifty redlich geteilt – niedriger ausgefallen wäre.

Fazit

Die Regierungen der betroffenen Länder sind den Banken praktisch hörig, und die Kontrolle der europäischen Steuerpolitik ist Ländersache. Es wird Zeit, dass der Bundesfinanzminister endlich alle Schlupflöcher schließt. Dazu braucht es neben dem politischen Willen allerdings auch fachliche Expertise. Journalisten hatten diese Kenntnisse, die hoch bezahlten Beamten im Bundesfinanzministerium offenbar nicht oder durften sie nicht haben bzw. anwenden. Der Steuerzahler ist ja auch letztlich dazu da, diese Fehler immer wieder auszubügeln – sehr ärgerlich.