Gastkommentar von Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”
In den 80ern war der Devisenhandel noch ein heißes Thema. Heute ist es still geworden. Doch die aktuelle Situation am Markt könnte brisant werden. Ende der Achtzigerjahre erschien ein Buch von André Kostolany im Econ Verlag mit dem Titel: „Und was macht der Dollar? – Im Irrgarten der Währungsspekulationen“. Ja, da ging es an den Währungsmärkten noch heiß her. Fast jeden Tag wurde über den Dollarkurs diskutiert. Er hatte auch bis dahin schon eine bewegte jüngere Vergangenheit.
Durch die Hochzinspolitik in den USA Anfang der Achtzigerjahre wegen der hohen Inflationsraten war der Dollar gegenüber der Mark von rund 1,80 in der Spitze auf 3,47 gestiegen. Damit war er extrem überbewertet und das Handelsbilanzdefizit der Amerikaner stieg unaufhörlich.
US-Unternehmen waren sowohl auf ausländischen als auch auf den heimischen Märkten konkurrenzunfähig, während sich die in Dollar abgerechneten Rohstoffe enorm für die anderen Länder verteuerten.
Im so genannten „Plaza Accord“ der wichtigsten Industriestaaten (G5) wurde daraufhin beschlossen, dass der Dollar sinken solle. Und das tat er dann auch, doch eine Bewegung erst mal in Gang getreten, hört an den Finanzmärkten selten auf, bevor sie das andere Extrem erreicht. So fiel der Dollar im Tief bis auf unter 1,40 Mark. Das war dann wiederum zu tief. Dennoch hatte es das US-Handelsbilanzdefizit nicht stark verkleinert.
Die deutschen Unternehmen hatten in dem Zuge ihre Produktivität stark erhöht und überfluteten die USA immer noch mit ihren Gütern. Der damalige Finanzminister der USA, James Baker, drohte damit, den Dollar noch weiter fallen zu lassen, sollte Deutschland nicht mit Zinssenkungen seine Wirtschaft ankurbeln, um auch mehr in den USA einzukaufen. Das löste seinerzeit den Börsenkrach von 1987 aus. Es war der letzte Nadelstich in den Ballon.
Während man heute viel über Zölle diskutiert, waren damals die Währungen das Mittel der Wahl, um Handelsungleichgewichte zu bekämpfen. Entsprechend groß waren die Bewegungen an den Währungsmärkten.
Die heißen Storys fehlen
Mittlerweile wird über den Dollar nicht viel geredet. Klar, er steigt wegen der in den USA höheren Zinsen und wahrscheinlich auch länger als in anderen Regionen höheren Zinsen. Und der japanische Yen ist schon ziemlich schwach, doch seit die Schweizerische Nationalbank im Januar 2015 den Mindestkurs von einem Euro für 1,20 Franken aufgab und dessen folgender Aufwärtscrash so manche Pleite auslöste, war an den Währungsmärkten eigentlich nichts Spannendes mehr los.
Die türkische Lira hatte in den vergangenen Jahren eine bewegte Geschichte, sie ist aber keine wirklich gängige Währung auf den internationalen Devisenmärkten. Natürlich wurde das Feld auch mit der Einführung des Euro langweiliger. Denn bis dahin hatte es ja auch innerhalb des Europäischen Währungssystems (EWS) immer wieder Spekulationen über Abwertungen gegeben. Das passierte regelmäßig bei Währungen wie der italienischen Lira, der spanischen Peseta oder auch des französischen Franc, immer jeweils gegenüber der Mark. Währungsspekulation waren also wirklich mal eine heiße Nummer. Heute sind sie es nicht mehr.
Viel geredet wurde damals auch über das unglaublich hohe Volumen, das am Währungsmarkt in 24 Stunden gedreht wurde, und ob auch dieses verantwortlich sei, für übertriebene Bewegungen in die eine oder andere Richtung. Kostolany sprach immer nur verächtlich über Devisenhändler von Devisenspielern.
Eine Gefahr aber lauert
Es könnte aber auch mal wieder Stimmung in den Währungsmarkt kommen. Die weiter extrem tiefen Zinsen des japanischen Yen und die Zinsanhebung in den anderen Industrieländern haben dazu geführt, dass sich die Zinsdifferenz zum Yen noch stärker ausgeweitet hat, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Was liegt da näher, als Kredite in Yen aufzunehmen und im Dollar zu deutlich höheren Zinsen wieder anzulegen? Man kassiert einfach die Zinsdifferenz.
Und weil das ja ein so schönes Geschäft ist, ist es auch eher wahrscheinlich, dass eben immer mehr Geld auf diese Weise in den Dollar fließt und dieser dadurch noch fester wird. Man profitiert dann nicht nur von der Zinsdifferenz, sondern auch noch von Währungsgewinnen.
Das hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben, aber auch hier gibt es keinen „Free Lunch“ und es kommt irgendwann der Wendepunkt. Wenn dieser eintritt, wie beispielsweise während der Finanzkrise, dann geraten viele dieser so genannten Carry Trades in Not. Denn dann beginnt der Yen zu steigen und die Währungsverluste, die sich im Dollar ergeben, können ganz schnell die Gewinne aus der Zinsdifferenz ausradieren.
Da hier üblicherweise mit Hebel gearbeitet wird, folgen dann häufig Zwangsliquidationen, die die Liquiditätslage im Finanzsystem zumindest in der Vergangenheit durchaus negativ beeinflusst haben. Das sollte man im Hinterkopf behalten und immer mit einem Auge auch ab und zu mal auf den Yen schauen.
Zuletzt soll die Bank of Japan (BoJ) gegen den zu schwachen Yen interveniert haben. Offiziell bestätigt wurde dies nicht, aber Insider sahen starke Anzeichen. War dies in der Vergangenheit der Fall, war es häufiger auch ein Wendepunkt des Yen-Kurses, sowohl nach oben als auch nach unten, je nachdem, was die Notenbank bezweckte. Denn der Yen, lange ist es her, war auch mal viel zu stark, als der Dollar nach dem „Plaza Accord“ gar nicht mehr aufhören wollte zu fallen.