Die Siemens Energy AG ist ein weltweit tätiger Industriekonzern auf dem Energiesektor. Die Gesellschaft spaltete sich im September 2020 als eigenständiges Unternehmen von der Mutter Siemens AG ab. Siemens Energy ist nahezu entlang der gesamten Energie-Wertschöpfungskette tätig. Das Unternehmen bietet Lösungen zur Energieübertragung und Stromerzeugung an. Zu den wichtigsten Produkten zählen vor allem Gas- und Dampfturbinen, Generatoren, Transformatoren, Kompressoren und weitere Kraftwerkstechnologien für unterschiedliche Energiequellen. Unter anderem werden eine Vielzahl von Industrieanwendungen für die Öl- und Gasindustrie angeboten. Außerdem entwickelt die Siemens Energy Technologien im Bereich neuer Energien, wie beispielsweise moderne Wasserstofftechnologien. Über die Mehrheitsbeteiligung an Siemens Gamesa Renewable Energy ist das Unternehmen mit Windenergietechnologien und -dienstleistungen im Bereich erneuerbarer Energien tätig und zählt zu den weltweiten Marktführern.
Unser Depotwert ist nach der Präsentation der Quartalszahlen vergangene Woche deutlich geklettert und notiert – nach einem eher verhaltenen Start in die neue Börsenwoche – nun bei gut 24 Euro. Wie wir sehen, hat sich der Kurs des Papiers seit Jahresbeginn sogar verdoppelt.
Das zweite Quartal (das abweichende Geschäftsjahr hat Oktober 2023 begonnen) der zuletzt kriselnden Siemens Energy ist besser ausgefallen als erwartet. Und noch etwas ist für Anleger besonders interessant: Der DAX-Konzern hat die Prognose für das laufende Geschäftsjahr angehoben. Für die Zukunft wichtig ist auch der Fakt, dass die in der Vergangenheit wirklich äußerst verlustreiche spanische Windkraft-Tochter Siemens Gamesa bereits 2026 wieder profitabel werden soll.
Im zweiten Quartal des aktuellen Geschäftsjahres hat Siemens Energy rund 8,28 Milliarden Euro Umsatz erzielt – auf vergleichbarer Basis sind es 3,7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Auch beim Gewinn konnte der Energietechnik-Konzern zulegen, denn unterm Strich blieben im zweiten Quartal 108 Millionen Euro in der Firmenkasse. Und das nach einem Minus von 189 Millionen Euro im Quartal des Vorjahres.
Kein Wunder, für das Gesamtjahr ist Siemens Energy nach den frischen Zahlen deutlich optimistischer: Wurde im Vorfeld noch ein Umsatzwachstum zwischen drei und sieben Prozent für das laufende Jahr prognostiziert, rechnet das Unternehmen nun mit zehn bis zwölf Prozent mehr Umsatz als in 2023. Beim Gewinn nach Steuern plant der Münchener Konzern weiterhin mit einer Milliarde Euro.
Die deutlich angehobene Prognose hat die Märkte überzeugt und die Siemens Energy-Aktie weiter klettern lassen. Neben der starken Nachfrage ist für viele vor allem die Wende beim bisher desolaten Windkraft-Geschäft von Bedeutung. Bis 2026 will das Unternehmen mit der kriselnden Tochter Gamesa wieder schwarzen Zahlen schreiben.
Laut CEO Christian Bruch hat die „Wende im Windgeschäft weiterhin absolute Priorität.“ Darüber hinaus kann Siemens Energy mit einem Auftragsbestand auf Rekordniveau punkten. Mit 119 Milliarden Euro sind die Auftragsbücher so voll wie nie zuvor. Für unseren Depotwert ist das natürlich eine sehr gute Nachricht, die sich auch im Chart widerspiegeln. Seit dem Sommer vergangenen Jahres ist das Papier zunächst von mehr als 20 Euro bis im Herbst in den einstelligen Bereich (Jahrestief bei 6,40 Euro) gerauscht. Nach einer 200 Prozent-Rally seit Ende Oktober notiert das Papier nun wieder auf dem Niveau des Vorjahres. Trotz des starken Kursverlaufs und jederzeit möglicher Rücksetzer bietet die Siemens Energy-Aktie Langfrist-Anlegern noch Chancen.
Und der Kurs wird wahrscheinlich noch einmal zurückkommen. Warum? Die Margen-Prognose wurde ebenfalls leicht verbessert, während die Zielmarke von einer Milliarde Euro Jahresgewinn bestehen bleibt. Diese Prognose deutet jedoch darauf hin, dass Siemens Energy im zweiten Halbjahr voraussichtlich Verluste einfahren wird, da der Gewinn nach dem ersten Halbjahr bereits bei fast 1,7 Milliarden Euro liegt, was deutlich über der Zielmarke für das Jahresende liegt.
Ausgebremst wird unser Depotwert derzeit vor allem durch die defizitäre Windturbinensparte Siemens Gamesa. Siemens Energy hatte den spanischen Windturbinenhersteller im Februar 2023 vollständig übernommen und sich damit neben Branchengrößen wie dem dänischen Vestas-Konzern als einer der führenden Player in diesem Multi-Milliarden-Markt positioniert. Aufgrund massiver Qualitätsprobleme bei der Produktion von Onshore-Windkraftanlagen sah sich Siemens Energy Ende August 2023 genötigt, den Vertrieb von Onshore-Plattformen vom Typ 4.X und 5.X auf Eis zu legen. Die anhaltenden Qualitätsprobleme bei Siemens Gamesa sorgten auch bei Siemens Energy für deutliche Bremsspuren beim Konzernergebnis, wobei man allein im Fiskaljahr 2022/23 aufgrund von Qualitätsmängeln und hohen Reparaturkosten im Windturbinensegment einen Milliardenverlust quittieren musste.
Ein gestartetes Sanierungsprogramm soll Gamesa bis 2026 wieder in die Gewinnzone führen und langfristig zu zweistelligen positiven Margen verhelfen. Der Plan beinhaltet eine Fokussierung auf die Windkraftmärkte in Europa und den USA, Anpassungen der Produktionskapazitäten sowie eine Straffung der Unternehmensstruktur durch Zusammenlegung von Geschäftsbereichen und Abbau von Hierarchieebenen. Hoffen wir, dass die Probleme wirklich dadurch gelöst werden, obwohl der Zeitrahmen bis 2026 ihrem Autor sehr ambitioniert erscheint. Lassen wir es uns nur an einem Punkt festmachen, Qualitätsprobleme durch ein hartes Sanierungsprogramm zu lösen, sollten bei unserem Depotwert noch einmal hinterfragt werden, denn hier hilft nur ein umfangreiches Qualifizierungsprogramm und Qualitätsmanagement.
Dennoch gilt: “The trend is your friend.” Wer investiert ist, wie wir auch, sollte dabei bleiben. Neueinsteigern und Nachkäufern ist dagegen zu empfehlen, noch das zweite Halbjahr abzuwarten, um dann bei einem erwarteten Rücksetzer günstig zuzuschlagen.