Die meisten Anleger kennen den Schweizer Nahrungsmittelkonzern auch als Kunden, denn in den meisten Supermärkten ist er mit seinen Produkten vertreten und wird dort teils bewusst, teils unbewusst in den Warenkorb gelegt und an der Kasse eingepackt.
Und so durften Anleger vermuten, dass ihnen auch die Halbjahreszahlen des weltgrößten Nahrungsmittelkonzerns schmecken würden. Aber es kam anders. Nestlé hat den Anlegern wenig bekömmliche Halbjahres-Zahlen serviert. Der Schweizer Konzern hat zwar beim Betriebsgewinn die Erwartungen erfüllt, umsatzseitig jedoch die Schätzungen verfehlt. Zudem müssen die Schweizer ihre Jahresprognose nach unten anpassen. Grund dafür sind geringere Preissteigerungen als bislang angenommen.
In Krisenzeiten wird zwar auch immer gegessen und getrunken, aber die Kunden gehen nun einmal sparsamer mit ihrer hart verdienten Kohle um.
Schauen wir uns die Zahlen im Detail an. Konkret nahm Nestlé im Berichtszeitraum 45 Milliarden Franken (46,7 Milliarden Euro) ein und damit 2,7 Prozent weniger als vor einem Jahr. Dabei drückten negative Wechselkurseffekte den Umsatz um 4,4 Prozent. Organisch – also um Wechselkurseffekte sowie Zu- und Verkäufe bereinigt – wuchs der Lebensmittelkonzern aber um 2,1 Prozent. Damit hat das Unternehmen die Erwartungen der Analysten verfehlt. Die Experten hatten im Schnitt mit einem organischen Wachstum von 2,4 Prozent gerechnet. Grund für das langsamere Wachstum war, dass die Preiserhöhungen deutlich zurückgingen. Nestlé erhöhte die Preise im ersten Halbjahr durchschnittlich um 2,0 Prozent. Im ersten Quartal hatten die Preiserhöhungen noch 3,4 Prozent betragen. Das Unternehmen wird die Preise jetzt auch im Gesamtjahr weniger stark erhöhen als bislang erwartet. Darum senkt das Unternehmen die Erwartungen für das organische Wachstum von bislang „um die vier Prozent“ auf „mindestens drei Prozent“.
Doch während das Unternehmen zum Jahresstart – auch wegen der Preiserhöhungen – noch die Zurückhaltung der Konsumenten gespürt hatte, griffen diese im zweiten Jahresviertel wieder verstärkt zu Nestlé-Produkten wie Cini-Minis-Cerealien, Kitkat-Schokoriegeln oder Hirz-Joghurts. Das Mengenwachstum (internes Realwachstum, RIG) betrug im zweiten Quartal plus 2,2 Prozent, nach minus 2,0 Prozent im ersten Jahresviertel. Es war damit so hoch wie seit dem Startquartal 2022 nicht mehr.
Der Betriebsgewinn (EBIT) von Januar bis Juni ging leicht auf 7,8 Milliarden Franken zurück. Analysten hatten mit einem Gewinn in dieser Größenordnung gerechnet. Die zugrundeliegende operative Marge, als Maß für die Profitabilität, nahm derweil um 0,3 Prozentpunkte auf 17,4 Prozent zu. Unter dem Strich erzielte Nestlé wie im Vorjahresabschnitt einen Reingewinn von rund 5,6 Milliarden Franken.
Auf Grund der Zahlen zogen Anleger den Sommerschlussverkauf vor und schmissen daraufhin das Papier aus dem Warenkorb, sprich Depot. Und so geschah es in der Folge des Ausverkaufs, dass Nestle mit einer Marktkapitalisierung von 230 Milliarden SFR nicht mehr das wertvollste Unternehmen im Alpenland war. Aber ehe wir hier nun in Panik verfallen, das wertvollste Unternehmen aus der Schweiz ist auch in unserem NDAC-Clubfonds enthalten, denn der Pharmakonzern Roche war kurzzeitig mit knappem Vorsprung von zwei Milliarden mehr an der Spitze. Und aktuell hat Nestlé wieder die Nase vorn mit 235 Milliarden Franken (Roche 230,4 Milliarden Franken). Der Zweikampf geht also weiter. Uns als NDAC-Clubfondsmitglieder kann das nur recht sein.
Wie geht es nun weiter?
Konsumgüterhersteller hatten in der Vergangenheit bei hohen Inflationsraten an der Preisschraube gedreht, um Mehrkosten für Rohstoffe an die Verbraucher weiterzureichen. Nach fast drei Jahren mit Preiserhöhungen, die die Lebenshaltungskosten weltweit immer noch nach oben treiben, gehen die Konzerne nun vom Gaspedal. Damit hoffen sie Käufer zurückzugewinnen, die auf billigere Produkte wie Eigenmarken umgestiegen sind. Weil die Verbraucher preisempfindlicher geworden seien und zwischen den Einzelhändlern intensiver Wettbewerb herrsche, versuche Nestlé die Nachfrage mit Preisnachlässen anzukurbeln, erklärte CEO Schneider. „In einer Zeit, in der die Verbraucher insbesondere am unteren Ende des Spektrums unter Druck stehen, finden mehr Rabattaktionen statt, um Marktanteile zu gewinnen und auszubauen“.
Nachdem Nestlé die Preise im vergangenen Jahr im Schnitt noch um 7,5 Prozent hochgeschraubt hatte, waren es in den ersten sechs Monaten 2024 nur noch zwei Prozent – deutlich weniger als Analysten erwartet hatten. Weil es trotzdem nicht gelang, den Absatz kräftig anzukurbeln, senkte Nestlé deshalb die Prognose: Nun erwartet der Konzern aus Vevey am Genfer See ein organisches Umsatzwachstum von mindestens drei Prozent; bisher waren es vier Prozent.
Bei den Wachstumstreibern Kaffee und Tiernahrung habe Nestlé zu Rabatten greifen müssen, um die Absatzmengen zu steigern, sagte Bernstein-Analyst Bruno Monteyne. Bei weniger gefragten Waren wie Milchprodukten oder Fertiggerichten seien die Preise sogar gesunken. „Die Deflation ist da“. Über das gesamte Spektrum des Angebots hinweg sehe die Preisentwicklung bei Nestlé schlecht aus.
Und lassen Sie ihren Autor anfügen, nicht jede Preissteigerung lässt sich mit der Inflation begründen. Das haben die Kunden gemerkt.
Und das sieht man auch am Kurs der Aktie, vom Jahreshoch 112 Euro stürzte die Aktie auf ein Jahrestief von 91 Euro, das sie aber mit aktuell 94,40 Euro wieder verlassen hat. Warten wir ab, ob die Verbraucher sich wieder auf die Markenprodukte von Nestlé stürzen werden.