Mehr als ein Jahr ist es mittlerweile her, dass sich Linde, bis dahin der wertvollste DAX40-Konzern, von der deutschen Börse verabschiedet hat. Seither ist der Industriegase-Spezialist an der New Yorker Börse gelistet und in Deutschland nur noch als Auslandswert handelbar. Seit dem 01.März 2023 wird Linde im US-amerikanischen S&P 500-Index gelistet, seit März 2024 auch im NASDAQ-100.
Die Aktionäre der Linde hatten in einer außerordentlichen Hauptversammlung mehrheitlich für eine Umstrukturierung gestimmt, die zu einem sogenannten kalten Delisting führen wird.
Wenngleich dies für den Finanzplatz Deutschland eine herbe Niederlage war, hat sich der DAX40 in der Folge positiv entwickelt, wie wir an der Rekordjagd in der letzten Zeit feststellen konnten. Gleiches gilt für die Aktie unseres Depotwertes Linde, nachdem sie in den NASDAQ-100 aufgenommen wurde. Das Wertpapier setzte seinen Weg nach Norden fort und legte seit der Abkehr vom deutschen Markt in der Spitze um rund 35 Prozent zu.
Bereits seit Oktober 2018 heißt das Unternehmen nicht mehr Linde AG, sondern Linde plc. Hintergrund war die Fusion mit dem amerikanischen Konkurrenten Praxair, im Zuge derer der Firmensitz nach Irland verlegt wurde. Geführt wird der Konzern aber von Danbury im US-Bundesstaat Connecticut aus. Bislang hat die Fusion mit Praxair sich als „Traumhochzeit“ erwiesen. Seit dem Zusammenschluss hat sich der Börsenwert in der Spitze nahezu verdreifacht.
Auch die Marktkapitalisierung der Linde-Aktie kann sich sehen lassen. Sie beträgt aktuell 206,2 Milliarden Dollar. Im DAX40 betrug diese zuletzt nur noch 150 Milliarden Euro.
Mit einem Marktanteil von über 30 Prozent ist unser Depotwert der weltweit führende Hersteller von Industriegasen, die in verschiedenen Bereichen wie dem Energiesektor, der Stahlproduktion, der Chemieverarbeitung, dem Umweltschutz oder medizinischen Therapien zum Einsatz kommen. Darüber hinaus plant und baut Linde Industrieanlagen für verfahrenstechnische Projekte sowie die Herstellung von Anlagenkomponenten.
Trotz des insgesamt schwierigen wirtschaftlichen Umfelds ist der Konzern weiter auf Kurs, wie die Zahlen für das erste Quartal belegen.
Der weltgrößte Industriegase-Konzern hat im ersten Quartal mehr verdient als geplant und blickt damit ein wenig optimistischer auf das Gesamtjahr als bisher.
Angesichts guter Geschäfte in allen Weltregionen stieg der bereinigte Quartalsgewinn je Aktie binnen Jahresfrist um zehn Prozent auf 3,75 Dollar, wie das amerikanisch-deutsche Unternehmen am Donnerstag mitteilte. In Aussicht gestellt hatte Linde einen Anstieg um maximal acht Prozent auf 3,68 Dollar. Im Gesamtjahr erwartet Linde nun einen Anstieg des bereinigten Gewinns je Aktie um acht bis zehn Prozent auf 15,30 bis 15,60 Dollar. Bisher lag die Untergrenze der Spanne bei 15,25 Dollar.
Der Nettogewinn kletterte von Januar bis März um knapp acht Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar, obwohl der Umsatz bei 8,1 Milliarden Dollar stagnierte. Nach eigenen Angaben konnte das Unternehmen Preiserhöhungen durchsetzen und die Produktivität steigern.
Wochenlang hat die Linde-Aktie auf hohem Niveau konsolidiert. Zuletzt zeigte der Trend allerdings wieder nach oben. Das Rekordhoch bei 477,71 Dollar rückt damit wieder in den Blick.
Der Industriegase-Produzent dürfte in den kommenden Quartalen vermehrt neue Energieprojekte verkünden, so Analyst Sebastian Bray von der Berenberg-Bank. Zuletzt hatten die Wettbewerber Air Products und Air Liquide hier bereits vorgelegt. Bei beiden stand Wasserstoff als Energieträger im Fokus. Bray hob sein Kursziel von 440 auf 470 Dollar an und bestätigte die Einstufung auf „Buy“. Aktuell liegt das Papier bei rund 430 Dollar.
Zuletzt hatte bereits Jefferies deutlich das Kursziel von 485 auf 523 Dollar angehoben und ebenfalls weiter zum Kauf geraten. Auch wenn aktuell angesichts eines schwierigen Marktumfelds die Treiber bei der Nachfrage fehlen würden, dürfte die Geschäftsdynamik 2025/26 wieder anziehen, hieß es. Das sollte auch der Aktie helfen. Vorerst müsste Linde aber zu Selbsthilfemaßnahmen greifen.
Die Chancen stehen gut, dass die Linde-Aktie bald wieder ihr Allzeithoch von Mitte März bei 478 Dollar in Angriff nimmt. Wird diese Hürde genommen, sind auf mittlere Sicht Notierungen im Bereich von 550 Dollar realistisch.
Bis dahin können sich Aktionäre an einer absoluten Dividendenzahlung von 4,94 Euro erfreuen. Nicht so groß dürfte allerdings die Freude sein, wenn sie die Dividendenrendite betrachten, sie beträgt lediglich aktuell 1,2 Prozent. Für einen Weltmarktführer erscheint die Rendite ihrem Autor etwas mickrig. Deshalb am 22.Juli 2024 zur Hauptversammlung zu reisen, lohnt sich für Kleinanleger nun wirklich nicht mehr, denn künftig treffen sich die Aktionäre des fusionierten Konzerns in Guildford bei London, wo die Verwaltung der neuen Linde.plc sitzt.