Kommentar von Hermann Kutzer, ehem. Börsenkorrespondent für das Handelsblatt und “N-TV”
Die Frage des Tages – nicht nur an der (schwachen) Börse: Kann sich das Desaster der amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) zu einem zweiten Lehman ausweiten? Die spontanen Antworten hierzulande klingen gelassen und beruhigend. Klar ist jedoch, dass es für ein abschbließ0enders Urteil viel zu früh ist. Zunächst einmal kommt es darauf an, dass keine Panik bei den Betroffenen und an den Märkten insgesamt entsteht, die über den großen Teich herüberschwappen könnte. Banken (wie der Finanzsektor überhaupt) sind nun einmal ein besonders wichtiges und daher sensibles Element jeder Volkswirtschaft. Trotzdem sollten die heutigen Schwächeanfälle (Dax unter 15.000) noch nicht überschätzt werden.
In einem Medienbeitrag, veröffentlicht von „Fonds professionell“, erläutert Andreas Dombret, ehemaliger Vorstand der Deutschen Bundesbank und Ex-Mitglied des Rates der EZB-Aufsichtsbehörden, warum durch den Kollaps der SVB keine globale Finanzkrise wie vor 15 Jahren drohe. Er nennt dabei sechs gute Gründe:
Nur sehr wenige Banken haben eine derart hohe Konzentration des Geschäfts auf einen Sektor wie die SVB. Es wäre schwierig, eine andere Bank mit einer so “heißen” Einlagenbasis zu finden. Keine andere Bank hat ein derartiges Ausmaß an nicht realisierten Verlusten in jenem Wertpapierportfolio, das bis zur Fälligkeit gehalten und insofern nicht neu bewertet wurde. Als Regionalbank war die SVB weniger stark reguliert als andere US-Banken ihrer Größe, beispielsweise unterlag sie nicht der Liquidity Coverage Ratio. Trotz ihrer Größe gibt es sowohl in den USA als auch im Ausland genügend Banken, die die Vermögenswerte der SVB übernehmen können. Allerdings stoßen die großen US-Institute an ihre Grenzen, was die Übernahme von Einlagen anbetrifft. Die SVB ist jetzt in geordneter Auflösung, und die FDIC ist eine erfahrene und qualifizierte Behörde. All dies deutet für Dombret darauf hin, dass die SVB ein Ausreißer ist. Ihr Geschäftsmodell wies erhebliche Schwächen auf – und sie hat ihr Zinsänderungsrisiko falsch gemanagt, indem sie zur falschen Zeit in festverzinsliche Wertpapiere mit sehr niedrigen Renditen investiert hat.
Sie, geschätzte Anleger, müssen nicht spontan reagieren – können es aber (natürlich), wenn Ihnen danach ist. Nicht betroffen sind ganz langfristige Aktiendepots (mehr als zehn Jahre) für Zwecke der privaten Vorsorge. Denn selbst ein Aktiencrash würde erfahrungsgemäß dann nur zum Zacken in der Performance der Kurse.