Kommentar von Hermann Kutzer, ehem. Börsenkorrespondent für das Handelsblatt und “N-TV”
Ich bin enttäuscht. Zugegeben. Denn unser Aktienhandel hat nicht spontan in die Hände geklatscht, obwohl die jüngsten Preisindikatoren für Industrierohstoffe als erste positive Überraschung der vergangenen zwei Jahre nicht weiter gestiegen sind!
Die Bilder von der zunehmenden Diskussion über die Gefahr einer nuklearen Eskalation des Kriegs und seiner räumlich-zeitlichen Ausdehnung (Polen?) haben die ohnedies schon großen Sorgen (nicht nur der Europäer) noch weiter überschattet. Wie kann da die Wirtschaft wieder auf die Beine kommen? Vor allem, wie soll sich da der Handel entspannen und eine Normalisierung der überhitzten Preise beginnen? Dieser Krieg hat viele schlimmen Folgen – nicht zuletzt die Inflation.
Und jetzt der Hoffnungsschimmer: Im Oktober sind die Erzeugerpreise erstmals seit Mai 2020 wieder gesunken, und zwar um 4,2 Prozent gegenüber September. Das gab das Statistische Bundesamt bekannt. Verantwortlich waren dafür vor allem die sinkenden Energiepreise, die im Vergleich zum September um 10,4 Prozent zurückgingen.
„Der überraschend starke Rückgang der Erzeugerpreise könnte ein Vorbote sein, dass wir den Höhepunkt der Inflation überschritten haben“, sagt der Düsseldorfer Ökonom Jens Südekum. Die Inflation könne „sich schneller verabschieden als von vielen gedacht“. Die Inflationsrate hatte im September bei 10 Prozent und damit so hoch wie noch nie im vereinigten Deutschland gelegen.
Seit Kurzem neigen immer mehr Volkswirte und Analysten zu einer (noch vorsichtig) optimistischeren Haltung, wie auch jüngste Umfragen gezeigt haben. Es ist die Hoffnung gewachsen, dass die deutsche Teuerungsrate jetzt oder in Kürze den Gipfel überschreitet. Ich sehe das ganz ähnlich, zumal durch die ausgeprägte Schwäche der Ölpreise ein Faktor wirksam wird, der genau die gegenteilige Rolle zum Gas spielt. Bleibt abzuwarten, wie stark und wie rasch preissenkende Einflüsse von Rohöl auf die Verbraucherpreisentwicklung durchschlagen. Ich halte es für gut möglich, dass die Wende in der Preisentwicklung den Anfang eines Turnarounds an den Aktienmärkten darstellen kann.