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Kommt die Rezession? – Gastkommentar Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

 

Gastkommentar von Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

Die Märkte jubeln über die Zinssenkungen, aber die Schatten einer Rezession drohen. Widersprüchliche Signale verwirren die Experten.

Viel wurde in den vergangenen zwölf Monaten darüber diskutiert, wann die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Zinsen senken wird, wie oft sie dies in diesem Jahr tun wird und wie stark die erste Zinssenkung ausfallen wird. Man bekam fast den Eindruck, als hinge das Wohl und Wehe der Märkte von dieser Frage ab.

Dabei ist es schon bemerkenswert, dass am Jahresanfang für dieses Jahr sieben Zinssenkungen erwartet wurden und es dann bis zum 18. September gedauert hat, bis die erste Senkung kam. Dies war ein großer Schritt, den die Märkte entsprechend gefeiert haben. Denn die Zinsen sanken nicht wie üblich um 0,25 sondern gleich um 0,5 Prozentpunkte.

Wirtschaftsentwicklung ist entscheidend
Schaut man in die Historie, dann hängt die weitere Börsenentwicklung nicht allein von der Zinspolitik ab, sondern vielmehr davon, wie sich die Wirtschaft entwickelt. Seit 1984 gab es acht Episoden, in denen es in den folgenden zwölf Monaten nach der ersten Zinssenkung keine Rezession gab. In diesen Fällen stieg der S&P 500 im Median um rund zehn Prozent. In drei Episoden kam es innerhalb der darauffolgenden zwölf Monate zu einer Rezession, hier verlor der S&P 500 im Median rund 15 Prozent.

Das Platzen der Dotcom-Blase und die Finanzkrise sind gute Beispiele dafür. Da nützten die Zinssenkungen wenig: Die Zinsen waren in diversen Zinsschritten auf eins bis 0,5 Prozent gesenkt worden, bevor die tiefsten Kurse erreicht wurden.

Rezession oder nicht Rezession
Um die weitere Aktienentwicklung einzuschätzen, muss man also richtig prognostizieren, ob es eine Rezession geben wird. Indikatoren wie die inverse Zinsstrukturkurve sowie die weit unter der aktuellen Lage befindlichen Erwartungen der US-Verbraucher zeigen eindeutig eine Rezession an.

Bisher lag die Trefferquote solcher Indikatoren bei 100 Prozent, wobei bereits seit einiger Zeit eine Rezession angezeigt wird, diese bisher aber nicht kommen will. Dazu kommt aktuell der Sahm Recession Indicator, der bei einem Anstieg der durchschnittlichen Arbeitslosenquote der vergangenen drei Monate gegenüber der tiefsten Arbeitslosenquote der vergangenen zwölf Monate um 0,5 Prozentpunkte anzeigt, dass wir uns in einer Rezession befinden. Aktuell ist dies der Fall.

So weit so gut. Man muss allerdings auch einräumen, dass bei diesem Indikator üblicherweise die Arbeitslosigkeit stark steigt und deswegen die Arbeitslosenquote nach oben geht. Diesmal ist es allerdings so, dass mehr Leute in den Arbeitsmarkt drängen und eher noch Vollbeschäftigung herrscht.

Eine Rezession könnte auch ausbleiben, weil fiskalisch mit dem Inflation Reduction Act (IRA) und dem Chips Act enorm stimuliert wird, was die restriktive Geldpolitik konterkariert.

Ich persönlich halte es trotzdem für wahrscheinlicher, dass die USA noch eine Rezession erleben, da die Zinserhöhungen noch nicht voll durchgeschlagen haben dürften. In der Regel dauert es 24 Monate von der ersten Zinserhöhung bis zur Rezession. Mittlerweile haben wir 30 Monate erreicht, bei der Finanzkrise waren es aber 42 Monate, und es gab auch andere Episoden, in denen es ähnlich lange dauerte wie bisher.

Es wäre schön, wenn man relativ sicher voraussehen könnte, ob es eine Rezession gibt oder nicht. Denn dann wüsste man, was mit den Kursen mit hoher Wahrscheinlichkeit passieren wird. Leider ist es diesmal aufgrund der gegensätzlichen Indikatoren schwerer als sonst. Am Ende muss sich jeder selbst ein Bild machen – wozu ich neige, habe ich offen bekannt.