Geringe Eigenheimquote in Deutschland – dem Gesetzgeber sei Dank
Gastkommentar von Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”
Bekanntermaßen sind die Immobilienpreise in den letzten Jahren massiv gestiegen. Vor allem in den Ballungsgebieten verdoppelten sich innerhalb einer Dekade nahezu die Preise. Gut für jeden, der schon eine Immobilie gekauft hat, vor allem dann, wenn er sie selbst nutzt und dadurch nicht von steigenden Mieten betroffen ist. Leider sind dies in Deutschland nur 40 Prozent der Haushalte. 60 Prozent, die Mehrheit also, mietet und ist von Mietsteigerungen betroffen. Deutschland hat damit eine der geringsten Eigenheimbesitzquoten. In den westlichen Industrieländern, in Italien oder auch den USA liegt die Quote bei über 60 Prozent. Das kann doch eigentlich nur bedeuten: die rekordtiefen Zinsen nutzen, und ein Eigenheim erwerben.
Tiefe Zinsen nützen Eigenheimkäufern leider wenig
Man würde annehmen, dass bei zehnjährigen Hypothekenzinsen unter einem Prozent, wie man sie momentan ja bekommt, ein wahrer Eigenheimerwerbsboom herrscht. Doch das ist nicht der Fall. Der Gesetzgeber hat vor wenigen Jahren dafür gesorgt, dass Eigenheimerwerb für viele nicht mehr finanzierbar ist. Und damit sind nicht die immer neuen Vorschriften bezüglich einer energetisch optimierten und teuren Bauweise gemeint, die Bauen immer teurer machen. Dramatischer ist die Tatsache, dass jeder Eigenheimkäufer mittlerweile einen Tilgungsplan vorlegen muss, der eine Tilgung des Kredites bis zum Lebensende vorsieht. Und da bei den meisten die Rente zu klein ausfällt, bedeutet es in der Realität, dass eine Immobilie bis zum Rentenalter abbezahlt werden muss. Die monatlichen Raten sind damit oft so hoch, dass sie aus laufendem Einkommen nicht bestritten werden können, zumal Vermögen und Sonderzahlungen bei der Berechnung keine Berücksichtigung finden. In der Folge können sich ältere Leute, die nur noch relativ wenige Jahre bis zur Rente haben, keine Immobilie mehr leisten, gehören sie nicht zu den absoluten Spitzenverdienern. Und in den Boom-Städten trifft es selbst junge Familien, weil das Gehalt für die hohen Anschaffungskosten einfach nicht ausreicht. In München ist heute kaum ein Haus mehr unter einer Million Euro zu bekommen. Wer bis zur Rente getilgt haben soll, muss jeden Monat viel Geld mit nach Hause bringen. Die, die dies nicht tun, sind verdammt, auf ewig Mieter zu bleiben.
Die neue Regierung sollte das Gesetz schnell wieder abschaffen, wenn sie es mit der Eigenheimförderung ernst meint
Das Gesetz war sicherlich gut gemeint, aber es ist schlecht gemacht und es wurde nicht richtig nachgedacht. Niemand soll sich mit seiner Immobilie überheben und nicht mit dem Rentenbeginn ausziehen müssen. Dem Argument kann man etwas abgewinnen, aber mancher will zum Rentenbeginn, wenn die Kinder aus dem Haus sind, vielleicht gar nicht in der Größe weiter wohnen, sondern sich verkleinern. Mit einem Verkauf, selbst wenn nur die Hälfte getilgt ist, lassen sich die noch bestehenden Hypotheken einfach ablösen. Diese Freiheit wurde den Leuten jetzt einfach genommen. Auch kann sich durch kluges Aktiensparen oder durch Bonuszahlungen einiges Geld nebenbei angesammelt haben, das zu einer Sondertilgung verwendet werden kann. All die spielt bei der Betrachtung zum Erwerbszeitpunkt aber keine Rolle mehr. Eine neue Regierung sollte sich dieses Gesetz deswegen dringend vornehmen, wenn sie es ernst damit meint, Eigenheimerwerb zu fördern. Das wäre viel effizienter als das nun abgeschaffte Baukindergeld.