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Nur die Alternativlosigkeit spricht noch für Aktien -Gastkommentar Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

 

Gastkommentar von Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

Ich bin grundsätzlich ein eingefleischter Optimist. Das Leben ist ja auch viel erfreulicher, wenn man positiv in die Zukunft schaut. Trotzdem muss man als Investor natürlich versuchen, die Situation so nüchtern und objektiv zu betrachten, wie es nur geht. Der Blick durch die rosarote Brille wird sonst irgendwann von der Realität eingeholt. Schaut man sich die derzeitige Ausgangslage für den Aktienmarkt an, dann ist das Bild nicht rosig. So vieles, was 2021 für Aktien sprach, gilt nun nicht mehr.
 

Inflation verstetigt sich
Die Inflation kehrte zwar schon 2021 überraschend stark zurück, aber die Hoffnung war groß, dass diese nur vorübergehend sein würde. Damit hätten die Zentralbanken einfach abwarten können, bis sich die Situation wieder normalisiert. Deutliche Zinserhöhungen wären unnötig gewesen. Doch die schnell zunehmende Teuerung hält länger an. Das musste man schon vor Ausbruch des Ukraine-Krieges eingestehen, der Krieg lässt sie nun noch mal schneller steigen und sich weiter verstetigen. Damit wächst die Angst vor einem stärkeren Eingreifen der Notenbanken. Rechnete man vor rund einem Jahr mit einem ersten Zinsschritt der US-Notenbank Ende 2022, wetten die Märkte mittlerweile auf acht bis neun Zinsschritte in diesem Jahr. Die erste Zinserhöhung liegt bereits hinter uns. Am langen Ende wurde der Zinsanstieg mit einem wahren Crash bei amerikanischen Staatsanleihen bereits vorweggenommen. Aus Erfahrung wissen wir, dass sich Zinsanstiege stets negativ auf die Aktienmarkttendenz auswirken, wenn allerdings auch mit einer gewissen Zeitverzögerung, warum die aktuelle Erholung durchaus ins historische Bild passt.

Neue konjunkturelle Unsicherheit
Hatte man am Anfang der Corona-Krise eine schwere Pleitewelle befürchtet und auch deshalb die erheblichen staatlichen Konjunkturstützungsmaßnahmen verabschiedet, zeigte sich in 2021 eine massive Erholung der Konjunktur. In ihrem Zuge erreichten die Unternehmensgewinne vor allem in den entwickelten Märkten Rekorde. Doch nun steht dieser satten Erholung vor allem in Europa der Krieg entgegen. Zum einen bedeutet er natürlich generelle Unsicherheit, was Investitionen und Konsum bremst, zum anderen ganz konkret einen erheblichen Anstieg der Energiekosten für Unternehmen und Konsumenten. Im schlimmsten Fall drohen sogar Produktionsstopps, sollte Russland den Gashahn abdrehen und nicht mehr genug Gas für die Industrie zur Verfügung stehen. Wie wir wissen, erhalten die privaten Haushalte richtigerweise den Vorzug, damit niemand daheim frieren muss. Hinzu kommt nun noch die Ausbreitung der Coronavirus-Variante Omikron in China und in der Folge Lockdowns. Auch dies dürfte weitere Störungen in die Lieferketten bringen, wie aber auch eine Bremsung der chinesischen Konjunktur und damit auch der Nachfrage aus dem Riesenreich in Richtung westlicher Exportindustrie. Plötzlich haben wir nun also die Situation, dass eine allgemeine Stagflation und Gewinn-Rezession bei den Unternehmen eine realistische Perspektive sind.

Nur wohin jetzt mit dem Geld
Ich will ganz ehrlich sein. Bei aller Sympathie für die Aktie, gäbe es irgendwo Zinsen im Bereich von fünf bis sieben Prozent von sicheren Schultern wie zum Beispiel dem deutschen Staat, würde ich eher hierhin umschichten und Aktienengagements erst mal deutlich reduzieren. Es lässt sich nicht verleugnen, dass die oben beschriebenen Aussichten für Dividendenpapiere mäßig sind. Nur es gibt eben nicht solche Renditen. Sie liegen noch immer bei minus 0,4 Prozent für kurzfristige Anlagen bis 0,6 Prozent für zehnjährige Bundesanleihen. Zwar bedeutet dies nach Jahren mal wieder zumindest bei langlaufenden Papieren eine positive Rendite, real betrachtet befindet sie sich allerdings am schlechtesten Punkt der Geschichte. Denn zieht man von den 0,6 Prozent die zuletzt gemeldete Inflation von 7,3 Prozent ab, bleibt real betrachtet ein negativer Zins von 6,7 Prozent. Das ist deutlich schlechter als die minus 0,5 Prozent auf Staatsanleihen mit zwei Prozent Inflation. Da waren es dann real nur minus 2,5 Prozent Rendite und nicht 6,7. Auch in den USA sind die Relationen nicht viel besser. Diese Tatsache könnte die Aktienmärkte vor einem weiteren Verfall ganz gut schützen. Denn es mangelt schlicht an Alternativen und sie sind auch nicht in Sichtweite. Zinserhöhungen in einem Bereich, in dem zumindest die Inflation ausgeglichen würde, sind vollkommen unrealistisch. Das weltweite Schuldenkartenhaus bräche zusammen. Auch Gold korreliert nicht eins zu eins mit der Inflation und kann damit ebenfalls nicht als geeigneter Fluchthafen betrachtet werden. Bleiben die Immobilien. Auch hier allerdings werden die Zinserhöhungen ihre Spuren hinterlassen. Und da die Banken mit ihren Hypothekenzinsen mögliche Schritte der US-Notenbank stets vorwegnehmen, sind diese bereits deutlich teurer und machen Immobilien damit auch nicht zur Alternative. Abgesehen davon, dass sich ja auch nicht so einfach in Immobilien mal eben umschichten lässt. So bleibt am Ende dann die Aktienanlage wohl doch noch die beste Alternative, die man mit der Hoffnung darauf paaren sollte, dass auch in dieser Krise die Welt nicht untergeht und Geduld irgendwann wieder mit neuen Höchstständen belohnt wird. Diese sind für 2022 durchaus nicht unwahrscheinlich, ungemütlicher dürfte dann aber 2023 werden, wenn die ganzen Zinserhöhungen, so sie denn kommen, ihre Wirkung entfalten.