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Inflation: Niedriger für länger – Gastkommentar Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

 

Gastkommentar von Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

Vor dem Inflationsanstieg ab 2021 gab es quasi 40 Jahre lang annähernd stabile Preise, also Inflationsraten im Bereich des Notenbankziels von zwei Prozent. Höhere Raten gab es zuletzt demgemäß zuletzt Anfang der achtziger Jahre. Diese wurden damals mit extrem hohen Zinsen bekämpft. Inflationsraten von 14 Prozent führten zu Zinserhöhungen auf bis zu 19 Prozent.

So weit sind die Notenbanken diesmal längst nicht gegangen, entsprach der Zins damals ja immerhin einer positiven Realverzinsung von fünf Prozent. Sie zogen die Zinsen nur der Inflation hinterher und haben nun das Glück, dass sie Ihnen zunächst entgegenkommt.

Was aber wäre, wenn sich die Inflation als hartnäckiger herausstellen würde, auch in Folge eines steigenden Ölpreises bei einem Flächenbrand im Nahen Osten, der ja nicht auszuschließen ist? Würden die Notenbanken die Zinsen dann noch deutlich stärker erhöhen, ähnlich wie Anfang der achtziger Jahre? Wer das glaubt, der irrt gewaltig.

Verschuldungssituation ist heute eine ganz andere
Anfang der achtziger Jahre lag die Weltverschuldung irgendwo im Bereich von 140 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt, wobei die USA hier natürlich noch ein viel größeres Gewicht hatten und China eher noch ein Zwerg war.

Nur China hat es der westlichen Welt in den letzten Jahren ja gleich getan und ist heute mit der gesamtwirtschaftlichen Verschuldung wohl schon an den USA vorbeigezogen.

In Relation zum Bruttoinlandsprodukt sind die Schuldenberge weltweit heute rund zweieinhalb Mal so hoch wie vor 40 Jahren. Möglich wurde dieser Verschuldungsanstieg, weil die Zinsen mit der sich abschwächenden Inflation immer weiter gesenkt wurden, wie wir wissen auf null und in Europa sogar in den Minusbereich. Und diese Schuldenberge sind ja immer noch da.

Zwar wuchsen die Volkswirtschaften der alten Industrieländer durch die Inflation nominal in den letzten zwei Jahren enorm stark, wodurch die Verschuldung in Relation zum Bruttoinlandsprodukt auch leicht zurückgegangen ist. Doch es bräuchte noch viele solcher Jahre, um wirklich wieder auf ein gesundes Schuldenniveau zu kommen. Erst anschließend wäre es möglich, dass die Notenbanken die Zinsen deutlich über das Inflationsniveau setzen.

Zinsen dürften längerfristig deutlich tiefer liegen als aktuell
Schon jetzt zeigen sich erste Spuren, die die Zinserhöhungen ausgelöst haben. Am deutschen Immobilienmarkt geht nichts mehr. Umsätze mit Büroimmobilien betragen noch ein Siebtel des Volumens vor der Coronakrise. Und Projektentwickler für den Wohnungsbau gehen reihenweise pleite. Die konjunkturellen Auswirkungen der jüngsten Zinserhöhung werden erst noch richtig spürbar werden.

Auch was die Staatshaushalte betrifft, wird schon jetzt deutlich, dass das aktuelle Zinsniveau eigentlich gar nicht durchzuhalten ist. Italiens Neuverschuldung wird nicht wie geplant über vier, sondern auf über fünf Prozent steigen, allein aufgrund wieder gestiegener Refinanzierungskosten.

In den USA sind die Zinszahlungen auf die Staatschulden trotz immer neuer Schuldenhöchststände auf eineinhalb Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 5 Prozent des gesamten Staatshaushaltes gesunken. Blieben wir auf dem aktuellen Zinsniveau, wären sie allerdings wieder stramm in Richtung vier Prozent oder zehn Prozent des Staatshaushaltes unterwegs.

Und da sich durch die Investitionsprogramme wie dem „Inflation Reduction Act“ die Amerikaner in den nächsten Jahren wieder jährlich um deutlich über fünf Prozent neu verschulden werden, ist dies nur machbar, wenn die Zinsen nach erfolgreich bekämpfter Inflation wieder gesenkt werden und länger auf deutlich tieferem Niveau bleiben.

Notenbanken werden Inflation laufen lassen
Sollte die Inflation allerdings nicht mitspielen und höher bleiben als zwei Prozent, dann werden die Notenbanken nach meiner hier schon einmal geäußert Prognose die Inflation laufen lassen und das Ziel auf vier Prozent anheben. Das hat mehrere Gründe:

1.    Dekarbonisierung, die viel kosten wird
2.    Deglobalisierung, die die Produktion verteuert
3.    Demographie, die weltweit die weltweit die Erwerbsbevölkerung schrumpfen und Löhne stärker steigen lassen wird.

Denn dann lassen sich die Zinsen in einer Situation wirtschaftlicher Schwäche sogar auf null senken, hat man doch schließlich dann per Definition bei vier Prozent Inflation Geldwertstabilität. Wer also meint, sein Heil bei der Geldanlage in den nächsten Jahren in festverzinslichen Wertpapieren oder Festgeld zu finden, der wird erhebliche Vermögenseinbußen erleiden. Und zwar die Einbußen, die notwendig sind, damit die Schuldner auf der anderen Seite zumindest real betrachtet ihre Schulden verlieren.